Die Predigt als Podcast

Dass es mit der Digitalisierung plötzlich doch schneller gehen soll, als gedacht, ist nicht nur an deutschen Schulen ein Thema. Auch in den verschiedenen christlichen Glaubensgemeinden stellt man sich derzeit die Frage, wie religiöse Botschaften am besten bei den Gläubigen ankommen, wenn ausgerechnet über die Ostertage die Kirchen leer bleiben sollen. Viele Kirchengemeinden im Steinlachtal sind inzwischen kreativ geworden und bieten ihre Predigten und Gottesdienste online an. Ob als Text zum Mitlesen, Podcast zum Anhören oder als Video: Möglich ist vieles.

Die Evangelische Kirchengemeinde Mössingen hat für ihre drei Pfarrbezirke unter anderem einen eigenen Youtube-Kanal auf die Beine gestellt. „Wir haben schon seit Beginn der Gottesdienstverbote Mitte März versucht, mit Onlineangeboten und ausgedruckten Predigten den sonntäglichen Gottesdienst aufrechtzuerhalten“, sagt Pfarrer Uwe Braun-Dietz. „Momentan planen wir bis Ostersonntag. Dort soll es zwei kürzere Clips zur Osternacht und zur Auferstehungsfeier auf dem Friedhof geben.“ Auch Gläubige ohne Internet sollen nicht auf der Strecke bleiben: „Gemeindemitglieder bringen nach jedem Sonntag über 60 ausgedruckte Predigten zu Personen, die kein Internet haben.“

Das, was Gemeinde in ihrem Kern ausmache, ein Ort der Begegnung zu sein, dürfe momentan nicht stattfinden, so Frauke Dietz. Immerhin: Das Feedback der Gemeinde auf die Angebote sei positiv. Auch der Zusammenhalt der Mitglieder trete nun hervor. Das Wesen des Gottesdienste ist und bleibt für das Pfarrerpaar allerdings die Begegnung vor Ort. Online-Gottesdienste seien dagegen Notlösungen, die die Evangelische Kirchengemeinde Mössingen nach der Corona-Krise gerne wieder zurückfahren will – nicht zuletzt wegen des technischen Aufwands.

Pfarrer Stefan Lämmer, der die Evangelische Kirchengemeinde Öschingen betreut, verzeichnet etwa 200 Zugriffe pro Woche auf die Öschinger Online-Gottesdienste. Die gibt es derzeit sowohl im Audio- als auch im Videoformat. Das Angebot soll zunächst auch über Ostern hinaus weitergeführt werden. Obwohl die üblichen Termine wie Osternacht und Osterfrühstück ausfallen müssen, soll etwas Persönliches zurückbleiben: „In jedes Haus werden wir einen Ostergruß als Bildkarte austragen lassen“, sagt Lämmer.

Für die Evangelische Kirchengemeinde Talheim setzt Pfarrer Matthias Wagner ebenfalls aufs Audioformat: „Wir bieten den Karfreitagsgottesdienst als Audiodatei zum Download über unsere Homepage an.“

Die Evangelische Kirchengemeinde Belsen hat sich mit dem Kirchengemeinderat abgesprochen: Aufgrund des vielfachen Wunsches aus der Gemeinde ist es seit Palmsonntag möglich, in der Kirche eine Kerze anzuzünden – solange man auf den üblichen Abstand zu Umstehenden achtet. Kleine Hefte mit Gebeten für die persönliche Stille liegen aus. Den Karfreitagsgottesdienst gibt’s dann etwa auf Youtube und Instagram. Außerdem bietet die Kirchengemeinde an, Gläubigen das Osterlicht weitgehend kontaktlos am Ostersamstag direkt vor die Haustür zu bringen. Interessierte können sich bis Gründonnerstag per Mail, Telefon oder Brief anmelden.

Pfarrer Jochen Wolber von der Evangelischen Kirchengemeinde Dußlingen setzt für Gründonnerstag, Karfreitag und Ostersonntag auf Youtube-Gottesdienste und auf Predigten zum Mitlesen. Bereits für Palmsonntag hatte er sich vor die Kamera gestellt. Er habe viele dankbare Rückmeldungen bekommen: „Der Grundtenor war, dass sich die Gemeinde über die Verkündigung hinaus, durch die Predigt des Ortspfarrers, durch sein Gesicht weiterhin verbunden fühlt.“ Auch ein paar konstruktive Tipps seien dabei gewesen. So hatte Wolber im ersten Video auf seinen Talar verzichtet, ihn im zweiten Video auf Wunsch einiger Gemeindemitglieder aber angezogen. Auf die Frage, ob die Videoangebote auch nach der Pandemie noch eine sinnvolle Ergänzung zum Gottesdienst sein könnten, antwortet Wolber: „Für diejenigen Menschen, die nicht mehr den Weg zur Peterskirche schaffen, eindeutig ja.“ Allerdings müsste die Gemeinde hierfür erst die nötige Infrastruktur schaffen, mit einem Internetanschluss in der Peterskirche etwa. „Daher können wir derzeit auch kein Format über Livestream anbieten.“

In der Evangelischen Kirchengemeinde Gomaringen gibt es die Gottesdienste nicht nur im Internet, sondern auch am Telefon: Wer die Youtube-Messen nicht mitverfolgen möchte, kann sich auch live per Telefonzugang einwählen und einfach am Hörer mitfeiern. Wie das funktioniert, steht auf der Homepage.

Pfarrer Jörg Conrad wird sich für die Evangelische Kirchengemeinde Nehren wieder an das Mikrofon stellen und seine Predigten als Podcast einsprechen. Auch soll es für die Festtage je einen kurzen Videoclip geben. „Dazu haben wir das Angebot gemacht, die Audio-Dateien auf CD zu brennen und in Häuser zu bringen, wenn sich jemand mit diesem Wunsch bei uns im Büro meldet.“ Unter anderem sollen die Gemeindemitglieder auch zum Gestalten von Ostergärten angeregt werden. Das gemeinsame Erleben des Festes falle dieses Jahr schwer, umso mehr konzentriere sich Conrad „auf die Worte, auf das, was gesagt werden kann.“ Das Feedback der Gemeinde ist bislang positiv: Den Leuten sei offenbar das Lokalbezogene wichtig. „Allerdings sind all die Personen ausgeschlossen, die sich nicht im Netz bewegen und das sind doch eine ganze Reihe der älteren Menschen, die sonst durchaus im Gottesdienst sind.“

Für die Evangelische Kirchengemeinde Ofterdingen ist Pfarrer Fabian Kunze zuständig: „In Ofterdingen gibt es auf der Homepage und auch über einen Mailverteiler jeden Sonntag einen Gottesdienst zum Selberfeiern und mittwochs einen Impuls zur Wochenmitte.“ Ostern sei nun eine besondere Herausforderung, denn die betreffenden Gottesdienste seien durch Symbole und Zeichenhandlungen geprägt, „besonders die Osternacht war dabei schon ziemlich fertig vorbereitet“. Stattdessen werde nun ein Gottesdienst vorbereitet, „der wie gewohnt viele Lesungen enthält und für den man sich die gewohnten Becherkerzen in der Kirche abholen kann, samt dem Licht der Osterkerze.“

Für die Evangelische Kirchengemeinde Bodelshausen verweist Pfarrer Jürgen Ebert „auf die zahlreichen kirchlichen Angebote, die es bereits in Hülle und Fülle im Netz und in den Medien gibt“. Zudem ist die Kirche geöffnet, etwa zum Beten oder um eine Kerze anzuzünden. Im Ostergemeindebrief ist eine Osterpredigt enthalten.

Frank Mader ist als Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche für die Gemeinden Mössingen, Dußlingen und Bodelshausen zuständig. Er empfiehlt den Karfreitagsgottesdienst mit Bischof Harald Rückert im Video-Stream. An Ostersonntag gibt es zudem in Dußlingen einen Telefongottesdienst mit Jens Weiblen. Mader selbst predigt am Sonntag in einem Online-Gottesdienst.

Den Überblick über die Seelsorgeeinheit Steinlach-Wiesaz der Katholischen Kirche hat Pfarrer Ambros Tungl: „Die Kirchen stehen zum persönlichen Gebet offen.“ Online gibt es etwa Predigten zum Mitlesen und wechselnde Impulse. „An Ostersonntag feiere ich um 10.30 Uhr mit dem Pastoralteam einen Ostergottesdienst stellvertretend für die Gemeinde.“ Allerdings nicht im Live-Stream. „Es ist wohl ungewollt eine echte Fastenzeit, durch die wir gerade gehen. Eine Zeit des Verzichtes auf vielen Ebenen.“