Tübingen · Sundown Film Fest

Die Minute, in der die Sonne untergeht

Vom Western bis zur Liebesgeschichte: Am Donnerstag startet das vierte Tübinger „Sundown Film Fest“.

09.07.2019

Von Madeleine Wegner

Läuft auf dem Festival: „Burning“ von Lee Changdong. Bild: Verleih

Läuft auf dem Festival: „Burning“ von Lee Changdong. Bild: Verleih

Und plötzlich ist sie weg. Haemi ist wie vom Erdboden verschluckt. Jongsu hatte so lange auf sie gewartet. Doch nach ihrer Rückkehr aus Afrika war sie mit einem wohlhabenden, mysteriösen Mann zurückgekehrt, der nicht von ihrer Seite wich. Auf der verzweifelten Suche nach Haemi verliert sich Jongsu in einem Labyrinth aus Misstrauen und Paranoia. Mit „Burning“ hat der südkoreanische Regisseur Lee Chang-dong eine Kurzgeschichte Haruki Murakamis verfilmt. Am Donnerstag eröffnet der vielfach ausgezeichnete Mystery-Thriller das vierte „Sundown Film Fest“ im Tübinger Kino Arsenal – auf die Minute genau zum Sonnenuntergang, um 21.23 Uhr.

Fast alles Erstaufführungen

Bis Mittwoch, 17. Juli, bieten die Tübinger Kinos Atelier (am Haagtor) und Arsenal (Hintere Grabenstraße) ein breit gefächertes Programm, das vom Western bis zur Liebesgeschichte, von der besonderen Doku bis zum surrealen Debut und vom Oscar-gekrönten Kurzfilm bis zur No-Budget-Produktion reicht. Fast alle Filme sind Tübinger Erstaufführungen. Außerdem erwartet das Festival-Team – auch Dank diverser Kooperationen – eine Reihe interessanter Gäste.

Die russisch-jüdische Autorin Maria Stepanova etwa liest auf Einladung des Slavischen Seminars am Donnerstag, 11. Juli, im Café Haag aus ihrem jüngsten Roman „Nach dem Gedächtnis“. Stepanova lotet darin anhand ihrer eigenen Familiengeschichte die Möglichkeiten des Erinnerns aus.

Der kurze US-amerikanische Stummfilm „Diversions“ läuft vorab (18 Uhr) und vermittelt ein Bild der europäischen Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In Zusammenarbeit mit dem Asylzentrum zeigt das Arsenal am Dienstag, 16. Juli, ab 19.15 Uhr den Schwarz-Weiß-Dokumentation „Komian“, die einen Einblick in die westafrikanische Glaubenswelt rund um Voodoo, Rituale und schwarze Magie gibt.

Auch der Blick ins weitere Programm lohnt sich und dürfte Cineasten-Herzen höher schlagen lassen: ob originelle und verspielte Liebesgeschichte in Berlin („Cleo“), ein Western in Südafrika zur Zeit der Apartheid („Five Fingers vor Marseilles“), ein modernes, kanadisches Ganovenmärchen („Der unverhoffte Charme des Geldes“), polnischer Krimi („Dunkel, fast Nacht“), georgisches Drama („Die Maisinsel“, im Anschluss Konzert), Dokus („Campus Galli“, „The Whale and the Raven“) oder der Kultklassiker „From Dusk Till Dawn“ in der FSK 18-Fassung. Einen hypnotischen Sog entfaltet der wilde Genre-Mix „Messer im Herz“, der eine Hommage an die Pariser Pornofilmszene der 70er Jahre und an die Thriller jener Zeit sein soll. Zum Abschluss der Filmfest-Woche ist Diane Kruger in dem Spionagethriller „Die Agentin“ auf der Leinwand zu erleben.

Erstmals ein „Audience Award“

Zum ersten Mal entscheiden die Kino-Besucher in diesem Jahr über den „Audience Award“, für den sie sieben ausgewählte Filme bewerten können. Und wer vor oder nach dem Film noch den Sommerabend genießen möchte: Der Filmfest-Biergarten vor dem Kino Arsenal öffnet – deutlich vor Sonnenuntergang – um 17 Uhr, das Café Haag (Kino Atelier) Donnerstag bis Sonntag bereits ab 15 Uhr sowie Montag bis Mittwoch ab 17 Uhr. Zudem lädt der Filmfest-Biergarten am Wochenende mit zwei Kurzfilm-Programmen zum Kino-Freiluftvergnügen.

Info

Das detaillierte Programm gibt es unter www.arsenalkinos.de.