Georgische Kulturtage

Die Macht der Kunst baut Brücken

Von Nino Haratischwili bis zum Handschattentheater aus Tiflis: Zwei georgische Festival-Enthusiastinnen haben ein erstaunliches Programm zusammengestellt.

09.10.2018

Von Wilhelm Triebold

Poetisches Handschattentheater: Budrugana-Gagra aus Tiflis gastiert am Sonntag, 21. Oktober. Bilder: Georgien-Festival

Poetisches Handschattentheater: Budrugana-Gagra aus Tiflis gastiert am Sonntag, 21. Oktober. Bilder: Georgien-Festival

Sie haben es hingekriegt. Tea Gallo und Nato Molashkina, die zwei Georgierinnen aus Tübingen, die – wie berichtet – in ihrer Wahlheimat Georgische Kulturtage stemmen wollten; am besten zeitlich nahe bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse mit ihrem aktuellen Literaturschwerpunkt Georgien.

Sie haben’s also geschafft. Und sind immer noch ganz überwältigt von dem Zuspruch und der Unterstützung, die sie hier vor Ort erfahren haben. Gewiss, auch die georgische Botschaft hatte sich inzwischen noch gemeldet, kaum dass sie von dem Vorhaben erfuhr. Doch da war es beim besten Willen zu spät für etwaige Fördergelder aus dem Mutterland.

Dafür hält Tübingens Kultur-Netzwerk umso fester und tragfähiger zusammen. Zwei Dutzend Veranstaltungen sind jetzt zusammengekommen; ein buntes, abwechslungsreiches Programm, das vom kommenden Montag an einiges erhoffen lässt.

Es baut mitunter auf dem auf, was Georgien und Tübingen bereits einander nähergebracht hat. Wie etwa jene Stadtmuseums-Ausstellung „Schwaben in Georgien“, die inzwischen auf der Buchmesse verdiente Aufmerksamkeit erlangt, aber doch auch im vergangen Februar und Mai von einem Uni-Projekt flankiert wurde, das jetzt wiederum einen Workshop zum aktuellen Festival „Georgien zu Gast in Tübingen“ beisteuert. Projektverantwortlich sind wie damals bei dem (von der Bundeskulturbeauftragten Monika Grütters unterstützten) Forschungsprojekt die Literaturprofessorin Dorothee Kimmich und ihr Tifliser Kollege Prof. Oliver Reisner, aber auch Stadtmuseums-Ausstellungskuratorin Evamarie Blattner. Thema des Workshops: „Wandernde Dinge und migrierende Menschen“. Dies schwäbische Erbe in Georgien wird für Wissenschaft und Öffentlichkeit aufbereitet, und zwar von kommenden Montag bis Mittwoch, 17. Oktober, jeweils von 14 oder 14.30 Uhr bis 18 Uhr im Brechtbau, R 215. Eintritt frei. Die Geschichte der schwäbisch-georgischen Emigration und Remigration ist auch Thema einer Diskussion und Reportage am 25. Oktober um 18 Uhr im Stadtmuseum, zu der wiederum die Uni und dazu der SWR beitragen.

Landleben im Kaukasus: „Die Berge von Jolie“.Bilder: Georgien-Festival

Landleben im Kaukasus: „Die Berge von Jolie“.Bilder: Georgien-Festival

Es gibt weitere Verbindungen zwischen Tübingen und Georgien. Wer wusste denn bis heute, dass vor 117 Jahren ein junger Georgier namens Philipp Gogitschayschwili in der Tübinger Laupp‘schen Druckerei eine eigene Abhandlung veröffentlichte, die das Antiquariat Heckenhauer nun aus seinem wunderbaren Hinterzimmer-Lager hervorgekramt hat – Titel: „Das Gewerbe in Georgien. Unter besonderer Berücksichtigung der primitiven Betriebsformen.“ Am 26. Oktober stellt Heckenhauer-Chef Roger Sonnewald um 18 Uhr im Hesse-Kabinett am Holzmarkt nicht nur diese Schrift vor, sondern gleich die ganze stolze „Georgische Buchsammlung bei J.J. Heckenhauer“. Ein Termin für echte Bücherfüchse.

Im Club Voltaire liest die Autorin Anna Kordsaia-Samadaschwili am 16. Oktober um 20 Uhr aus ihren Büchern „Wer hat die Tschaika getötet?“ und „Schuschaniks Kinder“, die beide im Tübinger Schiler Verlag erschienen sind. Und der Georgien-Kenner Adolf Endler will am 18. Oktober um 20 Uhr in der Quichotte-Buchhandlung „Von Georgien erzählen“ – beziehungsweise Elisabeth Bohley, die aus Endlers Buch vorliest.

Bereits am 15. Oktober ist bei Wolfgang Zwierzynski in seiner literarischen Quichotte-Buchhandlung „eine der aufregendsten Stimmen der georgischen Gegenwartsliteratur“ zu Gast, nämlich Iunona Guruli (20 Uhr). Und am 24. Oktober, sicherlich ein Publikums-Highlight der Kulturtage, bringt Osiander die derzeit wohl bekannteste georgische Autorin ins Kino Museum, Nino Haratischwili, die ihren Bestseller „Die Katze und der General“ dabei hat (20 Uhr). Außerdem: Ein Dutzend Nachwuchsjournalist(inn)en der Reutlinger „Zeitenspiegel“-Reportageschule berichten am 28. Oktober um 11 Uhr in der Liquid Bar (Kelter) von Land und Leuten nach einer Schulungsreise: „Georgien mit unseren Augen“. Am 19. Oktober läuft um 18 Uhr im Kino Arsenal Natia Arabulis Dokumentarfilm „Die Berge von Jolie“ und am 5. November ebenfalls im Arsenal um 20.15 Uhr Gela Babluanis Spielfilm „Money“ (Veranstalter: Französische Filmtage).

Ohne sein Trio, aber sicher doppelt motiviert: Jazzer Papuna Sharikadze. Bilder: Georgien-Festival

Ohne sein Trio, aber sicher doppelt motiviert: Jazzer Papuna Sharikadze. Bilder: Georgien-Festival

Am 21. Oktober tritt das phantastische Handschattentheater Budrugana-Gagra im Kino Museum auf. Das achtköpfige Ensemble wird übrigens, auch das zeigt die große Hilfsbereitschaft, ausschließlich privat untergebracht. Am 27. Oktober präsentiert Jazz im Prinz Karl den jungen georgischen Jazzpianisten Papuna Sharikadze im Sudhaus (20 Uhr). Im Altstadt-Esslokal „Stern“, dessen Wirtin die Festivalorganisatorin Tea Gallo ist, richtet das Team am 30. Oktober ab 19 Uhr eine traditionelle kaukasisch-georgische Festtafel an, zu der man sich zum festen Menüpreis anmelden kann.

Tea Gallos Mädchenname lautet Batashi. Und Nerse Batashi, georgischer Künstler und Bildhauer, ist ihr Vater. Im Stern garniert eine Ausstellung seiner Werke das Festival: „Mit der Macht der Kunst erbaue ich Brücken und sprenge Grenzen“. Ein Satz, der gut zum Festival passt.

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Erstellt:
09.10.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 13sec
zuletzt aktualisiert: 09.10.2018, 01:00 Uhr

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