Alles ein bisschen enger

Die Landesligisten aus dem Kreis Tübingen vor dem Saisonauftakt

Vier Teams sind diese Saison die besten, die der Landkreis Tübingen derzeit zu bieten hat: SV Nehren, FC Rottenburg und die beiden Tübinger Nachbarklubs vom SV 03 und TSG, die allesamt in der Fußball-Landesliga spielen. Und am Wochenende wieder in die Saison gehen: ein Vorausblick.

12.08.2016

Von Tobias Zug & Moritz Hagemann

Kreis Tübingen. Ein neues Gesicht hat sie bekommen, die Landesliga. Sechs Teams sind nicht mehr mit dabei, darunter die Alb-Vertreter Spvgg Mössingen, TB Kirchentellinsfurt, SV Croatia Reutlingen sowie der Meister VfL Pfullingen. Aber: „Die Liga ist ein bisschen stärker geworden“, mutmaßt Jonas Frey, der 23-jährige Torjäger der TSG Tübingen. Warum? „Ich sehe nicht den Meisterfavoriten“, sagt er, „aber auch kein Team wie Mössingen oder K’furt, das sicher absteigen wird.“ Mit dem VfL Nagold und dem SV Böblingen sind zwei Absteiger aus der Verbandsliga hinzugekommen. „Alles ist ein bisschen enger geworden“, sagt Frey. Deshalb könne man auch nicht sagen, dass ein Team, welches in der Vorsaison Fünfter wurde, pauschal wieder in dieser Tabellenregion zu erwarten sei.

Frey persönlich hat eine verheißungsvolle Vorbereitung gespielt. „Ich hoffe, dass ich mein Pulver noch nicht verschossen habe“, scherzt er. Aber: Titeln wie dem Neckarpokal lässt Frey keine Bedeutung zukommen. „Das hat doch keine Aussagekraft“, sagt er, genau wie der WFV-Pokal. Da fehlen vielen Mannschaften noch die Urlauber. Vor allem jenen, die wie die TSG viele Studenten haben, „die Runde beginnt halt gleich nach der Prüfungszeit“, sagt Frey.

Der hat von der Konkurrenz aus der Region eine hohe Meinung. Vom Stadtnachbarn SV 03 erwarte er, „dass die eine gute Rolle spielen, die haben ja viele Neue.“ Und der FC Rottenburg? „Die stehen halt hinten sicher – wie immer“, sagt Frey. Und der SV Nehren werde sowieso ganz anders auftreten wie bei der 2:5-Pokalpleite gegen die TSG. Damit ist alles gesagt.

SV Nehren Vierter, Vierter, Neunter, Zwölfter – nach dem Verbandsliga-Abstieg vor vier Jahren fiel der SV Nehren Saison für Saison etwas ab. In der Vorsaison schaffte er erst im Elfmeterschießen der Relegation den Ligaverbleib. Was auch Auswirkungen auf die kommende Saison hatte: „In der prekären Situation, in die wir kamen, haben dann einige abgesagt, weil sie nicht in der Bezirksliga spielen wollten“, sagt Dietmar Schneider, der mit Trainer Dieter König den Kader geplant hat. Der bisherige Abteilungsleiter will sich jetzt allerdings etwas zurückziehen, hatte sich auch nur für ein Jahr in dem Amt wählen lassen. „Die Vorrunde wird personell schwierig für uns“, sagt Schneider, „auch wenn sich die jungen Spieler wie Michael Barth oder Raphi Nill brutal entwickelt haben, fehlt uns die Breite im Kader.“ Gegen Absteiger VfL Nagold (Sonntag, 15 Uhr) und die nächsten zwei Spiele fehlt auf alle Fälle der urlaubende Trainer König, ihn vertritt Co-Spielertrainer Philipp Reitter. Nagold hatte vor der Saison die gleichen Probleme wie der SVN, konnte sich vor allem in der Offensive nicht so verstärken wie gewünscht. Wenn dieser Klub ein Bundesligist wäre, wäre er… …die TSG Hoffenheim: Dorfverein, der mit den Visionen und Investitionen eines Mäzens hochkam und im Konzert der Großen mitspielte. Investiert wird schon eine zeitlang nicht mehr im großen Stile, die einstigen „jungen Wilden“ sind älter geworden, und die Vision ist mittlerweile eine ruhige Runde ohne Abstiegssorgen. FC Rottenburg Wem in der vergangenen Winterpause die halbe Mannschaft davonläuft und das ganze Tohuwabohu mit Trainerwechsel und kolportierten Finanzproblemen so kalt lässt, dass am Ende trotzdem Platz sechs herausspringt, der kann ganz forsch in die neue Runde gehen. Oder, FC Rottenburg? „Wir wollen erstmal von den Abstiegsplätzen wegbleiben“, sagt FCR-Trainer Osman Stumpp. Aber wohl mindestens zwölf der anderen 17 Landesliga-Trainer auch. Stumpp baut vor allem auf das Gerüst mit den beiden Kapitänen Bernd Kopp und René Hirschka sowie Mittelfeld-Motor Max Maier. Insgesamt sind beim FCR noch fünf Spieler da, die zum Saisonauftakt 2015/16 beim 0:0 in Maichingen in der Startelf waren. Maichingen war ein Aufsteiger, am Sonntag (15 Uhr) kommt Gechingen: ein Aufsteiger. Den schoss Stürmer Bastian Bothner mit 30 Toren zum Bezirksliga-Titel. Stumpp: „Das muss ein ganz guter Spieler sein – glaube ich.“ Wenn dieser Klub ein Bundesligist wäre, wäre er… … der 1. FC Köln: Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeter Verein aus der Dom- und Bischofsstadt, welche vor allem in der „fünften Jahreszeit“, der närrischen, aufblüht. Der stets ambitionierte „Eff-Zeeh“ sieht sich immer etwas besser als er eigentlich ist, wenn es auch in jüngster Zeit wieder etwas ruhiger im Umfeld geworden ist. Kann sich aber schnell wieder ändern, wenn’s sportlich mal nicht so läuft. SV 03 Tübingen Nach acht Jahren spielen die „Schwarz-Gelben“ vom SV 03 Tübingen, im Volksmund auch nur „dr Nulldrei“ genannt, wieder in der Landesliga. Ein langer, steiniger Weg war’s bis dahin, nach dem Abstieg 2008 stand der SV 03 vor einem Trümmerhaufen. Von Insolvenz der Fußballabteilung war schon die Rede. Jetzt ist der Klub dort, wo er angesichts der Tradition mit Schwarzwald-Bodensee-Liga wohl auch hingehört. Der neue Trainer Robert Hofacker setzt vor allem auf eine stabile Defensive, die auch im Aufstiegsjahr unter seinem Vorgänger Steve Trevallion das Prunkstück war. „Wir waren nie diejenigen, die vorne draufsprangen“, sagt Innenverteidiger und Spielleiter Michael Urban. Hofacker ließ den Auftaktgegner VfB Bösingen (Sonntag, 15 Uhr) durch Abteilungsleiter Marco Müller beobachten. Die größte SV 03-Sorge ist zurzeit sein Angriff: In den angeschlagenen Felix Müller, Nadeem Ahmed und Felix Eggensperger fehlen „gefühlte 45 Tore“, sagt Müller, „das ist ein bisschen viel…“ Wenn dieser Klub ein Bundesligist wäre, wäre er… … Hertha BSC Berlin: Alte Tante, die etwas mondän daherkommt und ihr altehrwürdiges Stadion mit einer blauen Laufbahn aufgefrischt hat. Als Traditionsverein in einer großen Stadt hat er hohe Ansprüche und Erwartungen, die mit der Wirklichkeit oft nicht einhergingen. Konsolidiert sich so langsam wieder – und kommt den lange erträumten Zielen wieder näher. Aber es besteht auch die Gefahr, dass eine schwache Saison alles zunichtemacht. TSG Tübingen Gewohnt sind sie’s ja. Gute Offensivspieler verlassen die TSG: David Birgel, Pirmin Glück – und nun Lars Lack. „Aber das haben wir immer wieder aufgefangen“, sagt Jonas Frey, der Torjäger des Teams. Einen anderen Abgang müssen sie nicht auffangen: Michael Frick ist noch da! Wahrscheinlich hat TSG-Abteilungsleiter Michael Welz längst den Rentenvertrag für seinen Trainer in der Schublade, warum soll der auch noch gehen, wenn er denn schon seit Oktober 2005 Trainer ist? Und neben ihrem Trainer hat die TSG auch ihr Image behalten: das der Studententruppe. Mit Stürmer Daniel Weiß und Yannik Zenner sind „uns wieder zwei Studenten zugelaufen“, sagt Frick, die außerhalb der Uni noch keiner kennt. Am Sonntag (17.15 Uhr) erwartet Mitfavorit TSG den Aufsteiger BSV Schwenningen. „Die Mannschaft kann ich gar nicht einschätzen“, sagt Frey. Trainer Frick kündigt noch ein Telefonat mit Lars Lack an, der für den SSV Reutlingen im WFV-Pokal in Schwenningen kickte. Und sagt zum Saisonziel: „Das kann man nicht genau sagen, die Liga ist ja nicht so gläsern wie die Bundesliga.“ Wenn dieser Klub ein Bundesligist wäre, wäre er… … Borussia Mönchengladbach: Es gab Zeiten, da war der Klub in Abstiegsgefahr oder stieg ab. Skandalfrei, mit Kontinuität, Solidität und offensivem Fußball arbeitete er sich allerdings in den vergangenen Jahren nach oben und zählt mittlerweile zum Establishment der Liga. Wird wohl nicht Meister, ist aber auch glücklich, wenn er vor dem Rivalen auf der anderen Straßenseite steht.

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Erstellt:
12.08.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 42sec
zuletzt aktualisiert: 12.08.2016, 01:00 Uhr

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