Neshat-Ausstellung
Die Konstruktion der migrierten Frau
Eine viertägige Vortrags- und Workshop-Reihe von Muslim-, Gender- und und Rassismus-Fachfrauen will demnächst kräftig Vorurteile zerlegen.
Was Begleitveranstaltungen betrifft, startet die noch bis 29. Oktober laufende Ausstellung „Shirin Neshat: Frauen in Gesellschaft“ in eineinhalb Wochen so richtig durch. Es steht zu erwarten, dass das Wort Rassismus dabei an vier Tagen öfter fallen wird als in der gesamten bisherigen Geschichte der Kunsthalle. Und darum geht es:
In den westlichen Industrieländern werden Diskussionen über Muslime und Migranten häufig zu Machtdebatten. Das ist nicht erst seit der Flucht von Millionen Menschen aus ihrer Heimat – Krisenherde des Nahen Ostens oder Nordafrikas – nach Europa der Fall, seitdem aber besonders stark. Sexualisierte Übergriffe oder islamistisch motivierte Anschläge werden unterschiedlich bewertet. Es wird darüber gestritten, ob von muslimischen Männern eine besondere Bedrohung ausgeht oder unter welchen Umständen Musliminnen sich verschleiern dürfen.
Die Feindseligkeiten gegen Muslime und als muslimisch wahrgenommene Menschen wachsen, wobei die geschichtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhänge wie etwa die Kolonialisierungspraktiken in afrikanischen Ländern oder die wirtschaftlichen Folgen von Militärinterventionen im Nahen Osten durch Industrienationen oft nicht genügend berücksichtigt werden.
Solche Vorurteile und Blickverzerrungen sollen in der Vortrags- und Workshop-Reihe mit dem etwas akademisch humorlosen, aber um umfassende Korrektheit bemühten Titel „Bilder, Worte, Reflexionen zu Orientalismen, Rassismus und Geschlecht“ erforscht und analysiert werden. Aktivistinnen, Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen wollen sich in Vorträgen und Arbeitsgruppen einem differenzierten Verständnis des Themas nähern.
Und das sind die Vortragenden und Workshop-Anbieterinnen:
Iman Attia: Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Rassismusforschung, insbesondere zu antischwarzem und kolonialem Rassismus, antimuslimischem Rassismus, Antisemitismus, Rassismus gegen Sinti und Roma, Orientalismus, Postkolonialismus.
Ülkü Süngün: Die in Stuttgart lebende Künstlerin arbeitet konzeptionell bildhauerisch und fotografisch, insbesondere mit den Themen Migration, Orientalismus, Rassismus und Sexismus. Sie lehrt an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und gründet aktuell den Verein Institut für künstlerische Migrationsforschung.
Josephine Jackson: Sozialarbeiterin mit den Schwerpunkten Rassismuskritik und Internationale Soziale Arbeit. Antidiskriminierungsberaterin und Empowerment-Trainerin. Jackson leitet freiberuflich Schulungen und Workshops zu den Schwerpunkten Rassismuskritik, Intersektionalität und Antidiskriminierungspädagogik und ist Sprecherin der LAG Mädchenpolitik Baden-Württemberg.
Maria Kechaja: Empirische Kulturwissenschaftlerin mit den Schwerpunkten kritische Migrations- und Rassismusforschung. Antidiskriminierungsberaterin, Mentorin und künstlerische Leitung des Jugendkulturprojekts TALK in Reutlingen.
Furat Abdulle: Eine Wortkünstlerin. Kritik an Normen, an vorherrschenden Weltbildern sowie an Selbstverständlichkeiten bestimmen ihre Perspektive.
Und das sind die Veranstaltungen:
Montag, 11.9., 18 Uhr, Vortrag von Iman Attia: Geschlecht und Sexualität in Orientalismus und antimuslimischem Rassismus.
Dienstag, 12.9., 11-15 Uhr, Workshop mit Iman Attia: Geschlecht und Sexualität in Orientalismus und antimuslimischem Rassismus.
Dienstag, 12.9., 18 Uhr, Vortrag von Ülkü Süngün: Orientalismen in Bewegung – eine Bildermilieu Studie
Mittwoch, 13.9., 14-18 Uhr, Workshop mit Ülkü Süngün: Orientalismen in Bewegung: zur Konstruktion der migrierten Frau im Bild.
Donnerstag, 14.9., 14-18 Uhr, Workshop mit Josephine Jackson und Maria Kechaja: Worte es zu sagen - Schreibwerkstatt für Frauen mit Rassismuserfahrungen. Poesie, Prosa und Rap
Donnerstag, 14.9., 20 Uhr, Musik / Slam mit Josephine Jackson und Maria Kechaja: Sounds of Empowerment. Ein musikalisch-poetischer Abend mit der Dichterin Furat Abdulle und Musikern von jam.DE.zentrale.