Flüchtlinge · Bald herrscht Leben in der LEA

Die Erstaufnahmestelle beim Landratsamt stand lange leer · In einem Monat soll sie belegt werden

Er ist laut Rechnungshof die teuerste Erstaufnahmestelle im Land: der rot-weiße Containerbau beim Landratsamt in den Mühlbachäckern.

14.08.2017

Von Sabine Lohr

In die Landeserstaufnahmestelle in den Mühlbachäckern sollen ab Mitte September besonders schutzbedürftige Flüchtlinge ziehen. Bild: Faden

In die Landeserstaufnahmestelle in den Mühlbachäckern sollen ab Mitte September besonders schutzbedürftige Flüchtlinge ziehen. Bild: Faden

Für 12 Millionen Euro wurden Ende 2015 in aller Eile in Derendingen die Module aufgestellt, nachdem die Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten aus allen Nähten platzte. Doch dann kamen – weil die Balkan-Route gesperrt wurde – kaum noch Flüchtlinge ins Land und der Bau wurde nicht benötigt.

Jetzt aber sollen doch Flüchtlinge einziehen: Von Montag, 18. September an, werden dort besonders schutzbedürftige Menschen untergebracht – allein reisende Frauen, Schwangere, Menschen mit Behinderung, Opfer von Menschenhandel, Vergewaltigung, Folter oder Diskriminierung wegen sexueller Identität. Laut einer Pressemitteilung des Regierungspräsidiums wird es sich voraussichtlich vor allem um Frauen handeln. Bisher gibt es in Baden-Württemberg nur in Karlsruhe eine Unterkunft für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge.

Platz für 250 Personen

Die Tübinger Landeserstaufnahmestelle (LEA) bietet Platz für 250 Personen. Ihnen steht jeweils eine persönliche Wohn- und Schlaffläche von 7 Quadratmetern zur Verfügung. Nimmt die Anzahl der Flüchtlinge weiter zu, könnten auch 500 Menschen untergebracht werden, so das Regierungspräsidium auf Nachfrage des TAGBLATTs.

Neben den Schlafräumen gibt es unter anderem auch eine Wäscherei, Räume zur Kinderbetreuung und verschiedene Aufenthaltsräume. Auch ein Arztzimmer ist vorhanden und ein „Raum der Stille“, der von allen Religionen genutzt werden kann.

Personal gesucht

Zurzeit laufen noch einige Stellenausschreibungen, denn für die LEA wird etliches Personal benötigt für die Alltagsbetreuung, den Betrieb der Krankenstation, den Sicherheits-, Kontroll- und Pfortendienst und für die Verpflegung. Denn in der LEA stehen den Flüchtlingen keine Küchen zur Verfügung – sie werden von einem Caterer verpflegt. Diese Leistungen wurden europaweit ausgeschrieben – ein Verfahren, das laut Regierungspräsidium einige Monate in Anspruch genommen habe. Die Verwaltung der Einrichtung übernimmt das Regierungspräsidium.

Die LEA wurde vor einem Jahr fertig und stand seither leer. Eine Nutzung durch das Landratsamt als vorläufige Unterkunft für Flüchtlinge kam für den Bund nicht in Frage, weil die Ausstattung das nicht zuließ. Dazu hätte es unter anderem Küchen gebraucht und Steckdosen in den Zimmern. Eine bessere Ausstattung hätte den Bund rund 500000 Euro gekostet.

Im Regierungsbezirk Tübingen sind zurzeit in der Erstaufnahmestelle in Meßstetten 363 Flüchtlinge untergebracht und in Sigmaringen 608. Landesweit befinden sich zurzeit rund 5700 Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen.

Zurzeit kommen die meisten Flüchtlinge aus Nigeria (14,4, Prozent), Syrien (14 Prozent), dem Irak 9,9 Prozent), der Türkei (7,9 Prozent) und Gambia (7,4 Prozent).

Der Weg durch die Unterkünfte

Alle Flüchtlinge kommen, nachdem sie sich gemeldet haben, in das Ankunftszentrum in Heidelberg oder in eine Landeserstaufnahme-Einrichtung mit einer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Dort werden sie registriert und medizinisch untersucht. Dann stellen sie ihren Asylantrag und werden angehört.

Danach werden sie in eine Erstaufnahme-Einrichtung verlegt.

Dort bleiben sie in der Regel einige Wochen, bis sie nach einem bestimmten Schlüssel den Landkreisen zugewiesen werden.

Die wiederum bringen die Flüchtlinge in so genannten vorläufigen Unterkünften unter, wo sie bleiben, bis über ihr Asylbegehren entschieden wurde.

Der Landkreis weist diejenigen mit Bleibeperspektive nach einem Quotensystem den Kommunen zu.

Die Städte und Gemeinden wiederum müssen für Anschlussunterkünfte sorgen.

Erst nach einem positiven Abschluss ihres Asyl-Verfahrens dürfen Flüchtlinge am Sprachunterricht teilnehmen, den Integrationskurs besuchen oder arbeiten.