Der Tübinger Rückstau

Die Einführung des Tübinger Parkleitsystems wurde erneut verschoben – auf Sommer 2017

Tübingen platzte am vergangenen Chocolart-Wochenende wieder aus allen Nähten. Mehr als eine Viertelmillion Besucher/innen kam zum sechstägigen Schokomarkt, so Veranstalter Hans-Peter Schwarz von der Stadtmarketing-Firma „Tübingen Erleben“. Das führte nicht nur zu drängender Enge in den Altstadtgassen, sondern auch zu langen Autoschlangen.

06.12.2016

Von Volker Rekittke

Stau auf den Straßen, wenig Platz auch in der Kirchgasse – mehr als 250000 Menschen kamen zur Chocolart 2016. Bild: Sommer

Stau auf den Straßen, wenig Platz auch in der Kirchgasse – mehr als 250 000 Menschen kamen zur Chocolart 2016. Bild: Sommer

Weil die Ampel an der Wöhrdstraße pro Grünphase nur 15 Autos in die Friedrichstraße ließ, stauten sich die Fahrzeuge im Neckarparkhaus. Zeitweise waren 148 Autos dort eingesperrt, weil es auf der Straße nicht vorwärts ging und die Park-Karenzzeit überschritten war (wir berichteten). Erst als die Stadt am Freitag die Grünphase verlängerte, lief es wieder. Diese Erfahrungen würden auch beim am kommenden Wochenende anstehenden Weihnachtsmarkt berücksichtigt, sagt Rainer Kaltenmark vom Tübinger Ordnungsamt.

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Und der lange Rückstau auf der Reutlinger Straße? „Auf der B 28 von Reutlingen in Richtung Innenstadt staut sich’s jeden Morgen“, sagt Hans-Peter Schwarz – nicht nur während der Chocolart. Erschwerend hinzu kam diesmal die gesperrte Hechinger Straße. Schwarz und sein Team tun einiges dafür, dass die Schoko-Fans mit Bus und Bahn nach Tübingen kommen. Jedes Jahr würden 1500 Reiseveranstalter angeschrieben, denen man das „Busreisekonzept“ von „Tübingen erleben“ nahelege. Sehr viele Menschen kommen mit dem Reisebus – über 200 Busse waren es wieder – in die zeitweilige Schokoladenhauptstadt der Republik. „Mir wäre es am liebsten, 90 Prozent würden ohne Auto anreisen“, sagt Schwarz, „dann wäre es für alle entspannter.“ Um die Menschenmassen zu Fuß durch die Stadt zu lotsen, setzt Schwarz schon seit Jahren auf die eigens dafür angeschafften Metallstelen.

„In dem Moment, wo mehr als vier Menschen auf einem Quadratmeter stehen, wird’s problematisch“, sagt Kaltenmark. „Die Bewohner gehen an diesen Tagen nicht mehr durch die Altstadt“, beobachtet Herbert Beilschmidt von der BI Altstadt. Bei 250 000 bis 300 000 Tübingen-Besuchern in sechs Tagen ist für ihn „die Kapazitätsgrenze erreicht – mehr geht nicht“. Und zum Thema Autoverkehr: „Man kann in ein Glas, in das 100 Liter reinpassen, keine 120 Liter reinschütten.“ Schon der fehlenden Parkplätze wegen. „Außer ich baue ein Shuttle-System auf und fange Auto- und Busverkehr am Stadtrand ab.“ Ins gleiche Horn stößt Kaltenmark: „Mit einem Parkleitsystem könnte man die Autofahrer auf den Festplatz umleiten, von dort einen Bus-Shuttle mit Zehn-Minuten-Takt einrichten – und hätte viel gewonnen.“

Es sei natürlich ein Problem, dass die Ortsunkundigen aus Richtung Reutlingen/Stuttgart von der B 28 aus gleich ins Neckarparkhaus abbiegen, räumt Schwarz ein. Auch er sagt: „Ein Parkleitsystem könnte helfen. Wenn die Leute gleich zum Festplatz geleitet werden, macht dort auch ein Shuttle Sinn.“

Das Tübinger Parkleitsystem – eine unendliche Geschichte?

Bereits nach der Chocolart vor einem Jahr wollte das TAGBLATT wissen: Was ist eigentlich mit dem „dynamischen Parkleitsystem“, über das seit Jahren diskutiert wird und das der Rat im Juni 2014 beschlossen hatte? Von 20 digitalen Anzeigetafeln war die Rede – auf denen neben Infos über freie Parkplätze auch Hinweise auf aktuelle Veranstaltungen wie große Märkte, besondere Konzerte oder Ausstellungen erscheinen sollten. Am vergangenen Chocolart-Wochenende hätte Tübingen solch einen Park-Wegweiser gut gebrauchen können.

Die Abstimmung mit den Parkhausbesitzern sei aufwändig gewesen, zudem habe es Kapazitätsengpässe gegeben, sagte Tiefbau-Chef Albert Füger seinerzeit. Spätestens zur gerade beendeten Chocolart hätte es nun kommen sollen – wenn auch ohne Veranstaltungsinfos. Mittlerweile heißt es: „Bis zum Sommer 2017.“ Es sei „eine hochkomplexe Geschichte“, so Manuela Feiler von der Wirtschaftsfördergesellschaft WIT. Das Regierungspräsidium (RP) Tübingen habe einen ganzen Katalog an klärungsbedürftigen Punkten vorgelegt, den die Stadt „mit Hochdruck“ abgearbeitet habe. Die Förderzusage des RP werde aber nun „noch für dieses Jahr erwartet“.