Deutschland

Die Bürde des Erfolgs

Als Titelverteidiger lastet ein neuer Druck auf dem Team. Trainer und Spieler haben noch keinen Weg gefunden, damit umzugehen.

19.01.2018

Von SEBASTIAN SCHMID

Mit der aggressiven Spielweise von Slowenien und Mazedonien kamen die deutschen Handballer um Julius Kühn (am Ball) nicht gut zurecht. Foto: dpa

Mit der aggressiven Spielweise von Slowenien und Mazedonien kamen die deutschen Handballer um Julius Kühn (am Ball) nicht gut zurecht. Foto: dpa

Zagreb. Gestern stand für die deutschen Handballer bei der EM in Kroatien der Umzug von Zagreb ins 100 Kilometer entfernte Varazdin an, wo der Europameister heute auf das Überraschungsteam Tschechiens (18.15 Uhr/ZDF) trifft. Die weiteren Gegner in der Hauptrunde sind am Sonntag Dänemark (18.15 Uhr/ARD) und zum Abschluss am Mittwoch Spanien (20.30 Uhr/ZDF). Bei drei Siegen würde das deutsche Team auf jeden Fall fürs Halbfinale noch einmal nach Zagreb zurückkehren.

Im Angriff die Handbremse drin

Verbunden mit dem Umzug ist die Hoffnung, die durchwachsene Vorrunde, in der Deutschland nach zwei Unentschieden gegen Slowenien und Mazedonien sowie einem Sieg gegen Montenegro Platz zwei belegt hat, abzuhaken und nun voll durchzustarten. „Vielleicht ist es gut, dass wir jetzt mal hier rauskommen“, sagte Julius Kühn vor der Abreise aus Zagreb. Der 24-Jährige ist einer von mehreren Akteuren, die bei dieser EM noch nicht richtig in Tritt gekommen sind. In der Liga trifft der Rückraumspieler der MT Melsungen fast nach Belieben, erzielt im Schnitt sechs Tore pro Spiel. In Kroatien strahlt Kühn hingegen kaum Torgefahr aus.

Auch für Kai Häfner (TSV Hannover-Burgdorf), nach der Hauptrunde drittbester Feldtorschütze der Bundesliga, und Steffen Fäth (Füchse Berlin) läuft es nicht wie erhofft. Beide bekamen von Bundestrainer Christian Prokop noch nicht allzu viele Chancen, sich zu beweisen. Fäth durfte zuletzt beim 25:25 gegen Mazedonien zwar ran, blieb aber wie die meisten im Team unter seinen Möglichkeiten. „Bei uns ist im Angriff noch die Handbremse drin“, sagte Tobias Reichmann und räumt ein: „Wir machen uns selber mehr Druck als nötig.“

Die Erwartung an den Titelverteidiger ist hoch, bei den Gegnern, den Fans und im eigenen Lager. „Fakt ist, dass wir jetzt liefern müssen“, stellte DHB-Vizepräsident Bob Hanning klar: „Die PS, die die Truppe ohne Zweifel hat, müssen wir nun auf die Straße kriegen.“ Doch um gegen die kommenden Gegner zu bestehen, bedarf es mehr als nur Kleinigkeiten. „Es wird nötig sein, eine Steigerung auf allen Positionen zu bekommen“, sagte Prokop.

Gegen Mazedonien und Slowenien haperte es vor allem im Angriff. Das gefürchtete schnelle Spiel aus der Abwehr heraus fand ebenso wenig statt wie einfache Treffer aus dem Gegenstoß heraus. Auch gegen die die formierte Abwehr taten sich die deutschen Spieler bis auf Steffen Weinhold sehr schwer. Das Team wirkt verunsichert, agiert zaghaft und nicht entschlossen genug.

Von der Unbekümmertheit der Bad Boys von vor zwei Jahren sind die Spieler meilenweit entfernt. „Als Europameister haben wir mehr zu verlieren, als wir gewinnen können. Da ist es nicht so leicht, befreit aufzuspielen“, sagt Prokop. Also muss etwas anderes her. „Diese Leichtigkeit kommt auch nicht mehr. Aber Selbstbewusstsein und innere Stärke findet man“, sagt Hanning.

Christian Prokops Aufgabe für die Hauptrunde besteht also nicht nur in der Spielvorbereitung, sondern auch darin, seine Spieler, die immer mehr ins Grübeln geraten, aufzurichten und ihnen das nötige Selbstvertrauen zu vermitteln. Gelingt ihm das, werden alle im Team mit dem größten Vergnügen für das Halbfinale nach Zagreb zurückkehren.

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Erstellt:
19.01.2018, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 34sec
zuletzt aktualisiert: 19.01.2018, 06:00 Uhr

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