Tübinger Firma liefert Sound für Kinofilm

Die Bausteine des guten Tons

Carsten Schufferts Tübinger Firma Bewegte Bilder übernimmt die Postproduktion von Filmen. „Liliane Susewind“ bekam hier den Sound.

14.05.2018

Von Ulla Steuernagel

Mit dem Film, der hier gerade auf der Leinwand im Dreiergespann aus Malu Leicher, Peri Baumeister und Tom Beck zu sehen ist, hatten Carsten Schuffert (links)und Tilo Ehmann (rechts) in den letzten Monaten alle Hände voll zu tun. Bild: Faden

Mit dem Film, der hier gerade auf der Leinwand im Dreiergespann aus Malu Leicher, Peri Baumeister und Tom Beck zu sehen ist, hatten Carsten Schuffert (links)und Tilo Ehmann (rechts) in den letzten Monaten alle Hände voll zu tun. Bild: Faden

Die Illusion ist erst perfekt, wenn die Arbeit, die in ihr steckt, komplett verschwindet. Im Film muss alles so wirken, als hätten sich Bild und Ton wie von selbst gefunden. Dass Carsten Schuffert und sein Team von der Firma Bewegte Bilder ein knappes halbes Jahr hart daran arbeiteten, soll man dem Ergebnis nicht anmerken. Für „Liliane Susewind“, ein Kinderfilm der gerade  bundes weit angelaufen ist, hatten die Tübinger die Postproduktion übernommen und somit für den guten Ton gesorgt.

Ein dicker Fisch

Aha, dann habt ihr also die Musik gemacht, bekommt Tilo Ehmann oft zu hören. Nein, antwortet der Toningenieur dann. Denn Ton im Film bedeutet so viel mehr: Er besteht aus Sprache und Geräuschen, aus atmosphärischen Klängen; Ton kann ein Gefühl von Weite erzeugen und eines von Enge; Ton kann Bewegung oder Stillstand transportieren. Aber eins ist der Ton im Film nur selten: nämlich der Originalsound, der am Set aufgenommen wurde.

Wenn Schuffert und Ehmann im Kinoraum in der Mathilden-straße am großen Mischpult demonstrieren, aus welchen Elementen sich das Geräusch einer heranschnaufenden Dampflok zusammenbaut, und wenn sie es in seine Bestandteile zerlegen, dann ist das ein echtes Aha-Erlebnis. Wo lernt man sowas eigentlich? Ehmann studierte zwar Audiovisuelle Medien in Stuttgart, aber das meiste, was er in der Praxis braucht, hat er sich selber angeeignet. „Man schaut anderen Leuten über die Schulter“, erklärt er. Und: „Für viele der Berufe im
Bereich Ton gibt es keine klassische Ausbildung.“ So gibt es etwa einen extra „Foley Artist“, einen Geräuschemacher. Der entdeckt beispielsweise im brutzelnden Speck in Pfanne einen prasselnden Starkregen und lässt das Simulierte echter erscheinen als die Wirklichkeit.

Die Tübinger Bewegten Bilder, als einzige derartige Produktionsstätte in Baden-Württemberg, greifen erst nach den Dreharbeiten und der schon geschnittenen Fassung in die Tonproduktion ein. Dabei beschränken sie sich nicht nur auf den Ton, manchmal ist auch die Bildbearbeitung gefragt. Doch einen so dicken Fisch wie „Liliane Susewind“, dem Film über ein kleines Mädchen, das die Sprache der Tiere versteht, hatten sie jetzt erstmals an der Angel. Und mit Sony Pictures hängt auch gleich ein Global Player dran.

Während der Film unter der Regie von Joachim Masannek („Die Wilden Kerle“) in 35 Tagen abgedreht werden musste, nahm die Postproduktion sehr viel größeren Raum ein. Dabei hatten die Tübinger noch nicht einmal etwas mit den Tieranimationen zu tun, also mit der filmischen Transplantation sprechender Menschenmünder in Tiergesichter.

Doch auch in Tübingen geschahen in den letzten Monaten genügend wundersame Dinge. Auf 400 Tonspuren und rund 20 000 Clips wurde hier der Ton zerlegt und bearbeitet. Man muss ein geschultes Ohr haben, um all die akustischen Unstimmigkeiten der Erstversion zu hören. Manchmal war der Hintergrundton zu schwach, um Atmosphäre zu schaffen. Manchmal musste die Geräuschkulisse anders zusammengefügt werden. Manchmal mischten sich schon am Drehort unwillkommene Laute ein. Manchmal müssen die Geräusche clownesk überzeichnet, manchmal aber auch zurückgenommen werden, damit die kleinsten Zuschauer nicht erschrecken. Der Tonexperte kann sich auch inhaltlich einmischen und die verschiedenen Charaktere verstärken.

Das Studio reiste hinterher

Viel Zeit wurde in Tübingen in die Nachsynchronisation einzelner Szenen gesteckt. Wenn der Originalton schwer verständlich ist oder dem Regisseur die Darstellung der Akteure nicht gefällt, dann muss halt im Studio noch besser und neu geweint, gelacht oder gesprochen werden. Im „Susewind“-Film mussten auch die Kinderstimmen im Hintergrund neu vertont werden. Damit bekam er echtes Lokalkolorit, denn die neuen Aufnahmen entstanden mit Schufferts eigenen Kindern, Kindern aus der Nachbarschaft, vom Carlo-Schmid-Gymnasium und der Waldorfschule.

„Auch alle Profis mussten noch mal ins Studio“, sagt Schuffert und setzt hinzu, dass das nichts Besonderes ist. Viel beschäftigten Schauspielern wie Meret Becker oder Christoph Maria Herbst reiste das Studio jedoch hinterher. Schuffert mietete Extrastunden in einem
Berliner an.

Wäre es nicht einfacher, von vorneherein in Berlin, Hamburg oder München zu produzieren? „Tübingen ist nicht gerade die Weltstadt des Films“, gibt der Medienunternehmer zu. Das macht ihm jedoch nichts, denn er liebt die Stadt und sein Leben hier. Und ein Nachteil sei die Provinzadresse der Firma auch nicht, denn mittlerweile seien die Bewegten Bilder für ihre familiäre Atmosphäre bekannt und dafür, dass sie ihr Geschäft mit Leidenschaft und Fingerspitzengefühl betreiben.

So kennt Schuffert mittlerweile auch ein paar gute Rezepte gegen festgefahrene Diskussionen: Man setze sich dann hinters Haus und grille zusammen. Oder: „Wir gehen eine Runde auf dem Galgenberg spazieren.“

Schuffert und Ehmann haben „Liliane Susewind“, wie sie schätzen, an die fünfzig Mal gesehen. Bei der Premiere kürzlich in Köln langweilte sich Schuffert dennoch nicht. „Das Schönste am Film ist doch das emotionale Erleben.“ Und trotz der langen Arbeit am Streifen habe er es immer noch geschafft, seine „Gastohren einzuschalten“.

„Liliane Susewind“ und ihre sprechenden Tiere

Die Familienkomödie„Liliane Susewind“ läuft morgen im Reutlinger Planie und am Donnerstag, 17. Mai, im Tübinger Kino Museum an. Hauptperson ist ein 11-jähriges rothaariges Mädchen (Malu Leicher), das ein besonders Talent besitzt: Es kann mit Tieren sprechen, stiftet damit große Verwirrung und rettet einen kleinen Elefanten. Der Film ohne Altersbeschränkung entstand nach dem Bestseller von Tanya Stewner. Regie führte der (Fußball-)„Kerle“-Regisseur Joachim

Masannek.