Die Bauherren können loslegen

Die Aurelis hat das Güterbahnhof-Areal fertig erschlossen und präpariert

Es tut sich einiges auf dem Güterbahnhof-Areal: Das Gelände ist modelliert, alle Straßen sind schon angelegt, die Leitungen verlegt. Die Bauherren können also, sobald sie ihre Baugenehmigungen haben, loslegen.

19.08.2016

Von SABINE LOHR

Aurelis-Projektleiter Holger Mrosek und Praktikantin Dana Hofer am Fuß des neuen Tübinger Hügels auf der Großbaustelle Güterbahnhof. Bild: Sommer

Aurelis-Projektleiter Holger Mrosek und Praktikantin Dana Hofer am Fuß des neuen Tübinger Hügels auf der Großbaustelle Güterbahnhof. Bild: Sommer

Tübingen. Holger Mrosek wartet oben auf der Blauen Brücke. „Von dort hat man den besten Blick aufs Baugelände“, findet der Projektentwickler der Aurelis. Die Aurelis Real Estate entwickelt vor allem Bahnbrachen. Solche wie das Güterbahnhof-Areal in Tübingen. Dort hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten einiges getan. Am auffälligsten sind die Betonmauern zur Blauen Brücke hin, zwischen denen eine Menge Erde aufgeschüttet wurde.

Von der Brücke herab sind vor allem diese Mauern zu sehen, Tübingen-typisch bereits mit einigen eilig hingesprühten Schriftzügen versehen. Also geht’s direkt auf den jüngsten Hügel Tübingens – eben jene Aufschüttung, an der in den vergangenen Wochen, von Fußgängern beobachtet und bestaunt, Bagger und Planierraupen gearbeitet haben. Wieso eigentlich? „Der Höhenunterschied zwischen dem Gelände und der Brücke ist groß“, sagt Mrosek. Das Neubaugebiet aber sollte an die Stadt angebunden werden und nicht einfach unterhalb der Brücke liegen.

Gut anderthalb Meter Mauer sieht man noch. Das bleibt auch so, sagt Mrosek. Eine Brüstung muss sein. Aber sie bekommt wie die ganze Mauer noch eine Lärmschutzverkleidung aus Holz. „Wie die genau aussieht, das muss noch mit der Bahn abgestimmt werden“, sagt Mrosek. Und mit der Stadt, die bei dem ganzen Wohngebiet mehr als ein Wörtchen mitzureden hatte und hat. Für ihre strengen Auflagen sei Tübingen ja inzwischen bekannt, sagt Mrosek. In langen Verhandlungen gelang es der Bauverwaltung – damals war Tim von Winning noch Stadtplaner – der Aurelis einen 25-Prozent-Anteil an Sozialwohnungen abzuringen. Außerdem setzte sie durch, dass Photovoltaikanlagen installiert werden, einige Wohnblöcke an Baugruppen vergeben werden (durch die Stadtverwaltung und zu einem günstigeren Preis als die anderen) und die Aurelis einen Wettbewerb für die Bebauung an der Westspitze, also der zur Brücke hin, auslobt.

Strenge Auflagen, aber für die Aurelis rechnet sich die Bebauung dennoch: „Wir haben diese Herausforderungen als nicht so abschreckend empfunden, als dass wir deshalb hier nicht bauen würden“, sagt Mrosek.

Auf dem neuen Tübinger Hügel allerdings wird gar nichts gebaut. „Das wird ein Park“, sagt Mrosek. Erst am Ende dieses Parks beginnt die Bebauung. Und zwar gleich mit einem sehr großen Gebäude. Die Stadtverwaltung hat sich dort im Erdgeschoss eigentlich einen größeren Einzelhändler gewünscht, doch daraus wird vermutlich nichts. „Die Anfahrt ist ganz schwierig, sie führt außenrum ums Gelände“, begründet Mrosek, warum es dazu wohl nicht kommen wird. Stattdessen wird es in der über 1500 Quadratmeter großen Gewerbefläche voraussichtlich Büros geben, Praxen und Dienstleister. Der Rest des Grundstücks an der Westspitze – rund 3700 Quadratmeter – ist dem Wohnen vorbehalten.

Der Wettbewerb zur Bebauung brachte zwei zweite Sieger hervor, aber keinen ersten. Die beiden Architekturbüros bessern ihre Entwürfe jetzt noch einmal nach, dann wird entschieden, wer das Rennen macht. „Das ist gar nicht so schlecht“, findet Mrosek, „denn beim Nachbessern können wir ja auch unsere Wünsche einbringen.“

Aurelis hat sich inzwischen dazu entschieden, die Gewerbefläche separat zu verkaufen, denn eine gemeinsame Vermarktung mit der Wohnfläche hat sich als schwierig herausgestellt. Immerhin hat Aurelis laut Mrosek inzwischen gleich mehrere interessierte Investoren an der Hand, die den Architekten-Entwurf dann umsetzen wollen.

   An der Straße unterhalb des neuen Hügels steht Sven Tornow von der Ingenieurgesellschaft Reik. Er ist für die Bauüberwachung zuständig und kennt das Gelände sehr genau. Er zeigt, wo auf einem schmalen Streifen zwischen zwei Straßen die Unterführung zur Haltestelle der Regionalstadtbahn angelegt wird, weist auf die fertige neue Eisenbahnstraße hin, die von der bisherigen Straße aus quer durchs Gelände und dann ein Stück entlang der Gleise verläuft. Die Straße führt später um Gewerbebauten herum – die ansässigen Firmen erweitern dort.

Tornow weist auf den schwarzen Plastikzaun, der am Bauzaun entlang der Gleise angebracht wurde. „Das ist zum Schutz der Eidechsen“, sagt er. Die Tiere wurden in Eimern eingesammelt und in einem von Aurelis angelegten Biotop in der Neckaraue wieder ausgesetzt. Falls doch noch welche im Gleisbett sind, schützt der Zaun sie vorm Überfahrenwerden. Mrosek stellt klar, dass das Umsiedeln der Reptilien keine freiwillige Leistung der Aurelis war. „Das mussten wir machen, das ist eine Vorschrift.“

Zurück geht es über die Eisenbahnstraße. Ein paar Arbeiter verlegen dort noch die Rohre für die Fernwärme, mit der die Häuser beheizt werden. Auf Höhe des alten Bahnhofsgebäudes, in das das Stadtarchiv einziehen wird, hat der Gehweg ein neues Pflaster aus hellen Granitsteinen bekommen. Solche Pflastersteine werden, sagt Tornow, abschnittsweise überall im Gebiet verlegt. Auch den Bäumen, deren Wurzeln den Asphalt hier und da gelupft hatten, wurde Gutes getan: Sie stehen jetzt in größeren Beeten. Sogar die Bushaltestellen sind schon angelegt: 18 Zentimeter hohe, weiße Randsteine, das „Kasseler Sonderbord“, erlauben den barrierefreien Einstieg.

„Jetzt“, sagt Mrosek, „sind die Bauherren dran. Wir haben unsere Versprechen eingelöst.“

Sieben Hektar für Wohnen und Gewerbe

Auf dem Güterbahnhof-Areal entstehen neben der Bebauung an der Westspitze sechs so genannte „Höfe“ – Areale, um die herum Wohnblocks gebaut werden. Vier dieser Blöcke werden von 13 Baugemeinschaften realisiert. Jede dieser Gruppen muss einen anderen Architekten beauftragen, damit die Blöcke keine einheitliche Fassade haben (zu sehen sind solche Modelle im Französischen Viertel, dem Mühlenviertel und in der Alten Weberei). Die anderen 15 Wohnblocks hat die Aurelis verkauft. Das alte Bahnhofsgebäude (Güterhalle) hat die Stadt zu einem symbolischen Preis gekauft. Dort zieht das Stadtarchiv ein. Die Kindertagesstätte, die dort zunächst vorgesehen war, realisiert eine der Baugruppen gegenüber. Die Stadtverwaltung ist Mitglied dieser Baugruppe.

Zum Artikel

Erstellt:
19.08.2016, 13:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 49sec
zuletzt aktualisiert: 19.08.2016, 13:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter los geht's
Nachtleben, Studium und Ausbildung, Mental Health: Was für dich dabei? Willst du über News und Interessantes für junge Menschen aus der Region auf dem Laufenden bleiben? Dann bestelle unseren Newsletter los geht's!