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Die Aufgabe einer Tageszeitung

Boris Palmer, Facebook und das TAGBLATT: Immer wieder ärgert sich der Tübinger Oberbürgermeister, wenn wir Äußerungen von ihm im sozialen Netzwerk aufgreifen und seiner Ansicht nach aus dem Zusammenhang reißen.

22.12.2017

Von Gernot Stegert

OB Jekyll und Mr. Facebook. Zeichnung: Buchegger

OB Jekyll und Mr. Facebook. Zeichnung: Buchegger

Immer wieder behauptet er, dort nur als Privatperson zu schreiben. Richtig ist, dass bei Facebook viel, spontan und mündlich im Stil getextet wird. Aber das hindert niemanden daran, vor dem Veröffentlichen noch einmal nachzudenken und Blödsinn zu lassen. Richtig ist auch, dass in der gedruckten Zeitung die teils Hunderte von Kommentare aus dem elektronischen Netzwerk fehlen. Aber wir beschreiben den Zusammenhang stets – so auch jüngst bei Palmers F-Wort. Im Artikel stand seine Erklärung, dass es sarkastisch und ironisch überspitzt gemeint gewesen sei.

Wir halten die ständigen Scharmützel Palmers auf seiner Facebookseite zur Flüchtlingspolitik für wenig ergiebig und ignorieren fast alles. Wir legen auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Aber die Aufgabe einer Tageszeitung ist die Kritik der Mächtigen, dazu gehörte schon immer die Sprachkritik. Es gibt viele prominente Landes- und Bundespolitiker, die über Formulierungen ins Straucheln gerieten – die sie keineswegs nur bei offiziellen Anlässen sagten. Auch deshalb zieht Palmers Ausrede nicht, er sei bei Facebook als Privatperson unterwegs. Das geht bei einem Oberbürgermeister gar nicht. Das Amt kann er nicht wie einen Mantel nach Feierabend – oder zwischendurch – ablegen, schon gar nicht in einer potenziellen Weltöffentlichkeit. Zumal er selbst ständig Infos und Fotos verbreitet, die nur ein OB haben kann. Er vermarktet sich in seiner Rolle offensiv.

Palmers wiederholte verbale Ausrutscher sind politisch bedeutsam. Denn nicht allein durch Inhalte, auch durch seine sprachliche Irrlichterei hat der einstige Hoffnungsträger der Grünen für Jahre seine Chancen auf hohe politische Ämter verwirkt. Auch deshalb muss die Tageszeitung vor Ort berichten. Zu Weihnachten sei die Bibel zitiert: „Wer unvorsichtig herausfährt mit Worten, sticht wie ein Schwert; aber die Zunge der Weisen bringt Heilung.“ (Sprüche 12, Vers 18).

OB Jekyll und Mr. Facebook. Zeichnung: Buchegger

OB Jekyll und Mr. Facebook. Zeichnung: Buchegger

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Erstellt:
22.12.2017, 20:22 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 55sec
zuletzt aktualisiert: 22.12.2017, 20:22 Uhr

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Volker Plass 03.01.201820:59 Uhr

Ich lese den Kommentar zu Palmers Facebook-Auftritt jetzt erst nach den Feiertagen.
Es stärkt mein Vertrauen in das Tagblatt, wenn es sich klar zum nicht in erster Linie sprachlichen Ausrutscher des OB Palmer positioniert. Der OB hat viele Jugendliche beleidigt, indem er ihnen Gossensprache als ihre Sprache unterstellt. Er hat Ausländer beleidigt, wenn er sich über Araber nur mit dem F-Wort äußert. Er hat mich als jemand, der ihn jahrelang gerne unterstützt hat, enttäuscht. Von einem OB, dem Selbstdarstellung, auch auf niedrigstem sprachlichen Niveau, wichtiger ist, als angemessen seine Position als OB wahrzunehmen, sehe ich mich nicht mehr vertreten.

Renna 22.12.201723:34 Uhr


Ist so ein moralinsaurer humorloser Wadenbeißer-Journalismus wirklich die Aufgabe einer Tageszeitung? Ich hoffe nicht.

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