Immobilien

Deutsche Wohnen begrenzt Mieten

Der börsennotierte Konzern gibt eine Selbstverpflichtung ab: Kein Haushalt soll mehr als 30 Prozent seines Nettoeinkommens bezahlen. Trotz hoher Kosten in Szenevierteln wohnen viele Berliner günstig.

24.06.2019

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Der im Börsensegment MDax notierte Konzern Deutsche Wohnen ist der größte private Vermieter Berlins. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Der im Börsensegment MDax notierte Konzern Deutsche Wohnen ist der größte private Vermieter Berlins. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

In der Diskussion um rasant steigende Mieten hat sich das börsennotierte Unternehmen Deutsche Wohnen für einen eigenen Weg entschieden: Vom 1. Juli an würden künftige Mieterhöhungen so begrenzt, dass ein Haushalt maximal 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Nettokaltmiete aufwenden müsse, kündigte das Unternehmen am Wochenende an. Ferner solle jede vierte neu zu vermietende Wohnung an Mieter mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein vergeben werden.

Die freiwillige Selbstverpflichtung der Deutsche Wohnen für zunächst fünf Jahre in ganz Deutschland gelte auch, wenn der Mietspiegel weitere Erhöhungen erlaube, schreibt der Konzern. Bereits bestehende individuelle Vereinbarungen zwischen der Deutsche Wohnen und ihren Mietern, die im Vergleich mit der neuen Selbstverpflichtung für die Mieter vorteilhafter sind, blieben selbstverständlich bestehen. Allerdings macht das Unternehmen eine Einschränkung: Weitere „regulatorische Eingriffe in das Mietrecht“ könnten dazu führen, dass die Selbstverpflichtung wieder zurückgenommen werde. Aus Sorge vor mehr Regulierung waren Aktien von Deutsche Wohnen jüngst eingebrochen.

Der Immobilienkonzern mit Sitz in Berlin hat 167 000 Wohnungen, 70 Prozent davon in der Bundeshauptstadt, in der es für viele Mieter schwieriger wird, eine bezahlbare Bleibe zu finden. Er ist damit der größte private Vermieter in der Hauptstadt.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) begrüßte die Entscheidung der Deutsche Wohnen. „Sie verpflichtet sich zu sinnvollen und konkreten Maßnahmen für eine verantwortungsvollere Mietenpolitik“, sagte Müller. Das sei ein wichtiges Signal in der wohnungs- und mietenpolitischen Diskussion.

Der rot-rot-grüne Senat hatte zuvor Eckpunkte für einen noch zu erarbeitenden Gesetzentwurf zu einem Mietendeckel beschlossen. Damit sollen die Mieten in Berlin fünf Jahre lang nicht steigen und überhöhte Mieten auf Antrag gesenkt werden können. Das soll dauerhaft bezahlbaren Wohnraum sichern. Möglicherweise könnte das Gesetz nach der Abstimmung im Abgeordnetenhaus im Jahr 2020 in Kraft treten.

In Berlin verfügt nur jeder siebte Einwohner über selbstgenutztes Eigentum. Dort wird seit Monaten mit großer Emotion über steigende Mieten diskutiert. Deutschlandweit kann man nicht von einem rasanten Anstieg der Mieten sprechen. Laut Statistischem Bundesamt haben sich diese vom Jahr 2015 bis zum ersten Quartal 2019 um 5,3 Prozent erhöht. Allerdings ist Wohnen vor allem in Großstädten deutlich teurer geworden. Unrühmlicher Spitzenreiter bei den Neuvertragsmieten ist München mit fast 18 EUR pro Quadratmeter.

5,98 Euro/m im Bestand

SWP Grafik Foto: SWP Grafik

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Auch in den Großstädten geht nach einer Untersuchung des Portals Statista die Schere weit auseinander. So liegen die Mieten in Szenevierteln deutlich über dem Durchschnitt der betreffenden Stadt: Im Hamburger Schanzenviertel werden 27 Prozent mehr fällig, in Berlin-Friedrichshain sind es 26 Prozent.

Auch insgesamt haben die Neuvertragsmieten in Berlin in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt, aber ausgehend von einem niedrigen Niveau. Im Jahr 2008 lagen diese nach einer Untersuchung des Portals Immowelt.de bei 5,60 EUR. Mittlerweile müssen Wohnungssuchende mit 11,40 EUR rechnen. Damit gehört Berlin nicht zu den zehn teuersten Städten in Deutschland.

Im Wohnungsbestand stellt sich die Situation noch einmal anders dar. Der Verband der Berliner und Brandenburger Wohnungsunternehmen hat zum Jahreswechsel seinen Marktmonitor 2018 veröffentlicht. Dem liegen Daten aus 900 000 Bestands- und Neumietverträgen zu Grunde. Demnach lagen in Berlin 2017 die Bestandsmieten bei 5,98 EUR pro Quadratmeter, Neuvertragsmieten bei 7,45 EUR. Der Erstbezug in einen Neubau kostete 10,44 EUR. Im Szeneviertel Friedrichshain bezahlen Mieter im Wohnungsbestand rund 6,12 EUR pro Quadratmeter. Wer ins nahe Brandenburg ausweicht, bezahlt bei Erstbezug 9,13 EUR pro Quadratmeter, bei Neuverträgen sind es 5,61 EUR und im Bestand 5,03 EUR. Ulrike von Leszczynski, Alexander Bögelein

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Erstellt:
24.06.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 24.06.2019, 06:00 Uhr

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