AutoMOBIL 2017: Faszination fürs Fahrzeug

Des Schwabens heilig’s Blechle

Heiße Flitzer, schicke Limousinen und saubere Elektro-Autos: Die Autohäuser der Region zeigten, was sie unter der Haube haben.

02.07.2017

Von Nina Kwiatkowski

Ganz versunken sitzt er in dem sonnengelben Sportwagen, hält fast andächtig das Lenkrad mit beiden Händen fest. Mit Baseballkappe auf dem Kopf im offenen Coupé. Lässt den Blick über jedes Detail im Wageninneren streifen, berührt die Elektronikknöpfchen vor und neben sich, den Stoff der Sitze. Wie eine zärtliche Geste zum Abschied – bevor er sich Augenblicke später aus seinem sonnengelben Sportwagen-Traum schwingt. „Das hat schon was“, lässt Michael Leuze die Umstehenden wissen. Eine kleine, vorwiegend männliche Traube hat sich um das schnittige Coupé versammelt, die Augen leuchten mit dem Wagen um die Wette. Jeder wartet darauf, wie der 49-jährige Leuze auch für einen kurzen Augenblick in diesen sonnengelben Traum einzusteigen.

Ja, sie scheint ungebrochen, die Faszination Auto. Das ist an diesem Samstagnachmittag auf der Automobil-Messe am Sparkassen-Carré überall zu spüren. „Wir machen das hier jetzt das vierte Mal, und das Interesse sowohl der Aussteller als auch der Besucher ist ungebrochen“, sagt Eva-Maria Schneider vom Messe-Organisationsteam. Für die Händler habe dieses Event jedes Mal ein gutes Geschäft bedeutet. „Viele Besucher kommen mit einem Kaufhintergedanken hierher.“ Schließlich habe man sonst nie die gesamte Bandbreite an regionalen Autohändlern mit ihren Angeboten so kompakt an einem Ort.

Für die Händler bedeutet die Messe aber nicht nur Geschäfte machen, sondern Austausch untereinander. „Man guckt sich an, was die Konkurrenz so macht, denn die schläft ja bekanntlich nicht“, so ein Beauftragter von Subaru, der mit begutachtendem Blick um einen Audi schleicht.

Die vielfältige Präsentation von Autohäusern aus der ganzen Neckar-Alb-Region war für Klaus und Margit Lohse aus Ammerbuch das Hauptargument für den Messebesuch. „Man muss nicht sämtliche Gewerbegebiete abklappern, sondern kann bequem von Volkswagen über Ford zu Opel schlendern, sich hier und da mal reinsetzen und direkt vergleichen.“ Gerade machen sie es sich auf der Hinterbank eines VW-Touaregs bequem. „Viel Platz“, bemerkt das Ehepaar. Ein reales Kaufinteresse hätten sie eigentlich nicht, aber man könne ja nie wissen – bei dieser Auswahl vor der Nase.

Vom stylischen Stadtflitzer und praktischen Alltagsauto über den voll ausgestatteten Familien-Van und die pompöse Limousine bis hin zum bulligen SUV oder sonnengelben Coupé-Traum – hunderte von Metern lang reiht sich das neuglänzende Blech aneinander. Für jeden Geschmack und Fahrertyp ist hier etwas dabei. So variabel verschieden sich die Fahrzeuge zeigen, so bunt ist auch der Besucherstrom, der sich an der Blech-Parade vorbeibewegt. Junge Paare und Familien mit Kind und Kegel schlendern ebenso durch die Reihen wie graumelierte Grüppchen oder jung gebliebene Sportwagen-Fans mit Baseballkappe. Immer wieder sieht man Väter mit dem fast erwachsenem Sohn oder Mütter mit der fast erwachsenen Tochter in einem der soliden Kleinwägen sitzen, lenkradbreit von einem wichtigen Lebensabschnitt entfernt: dem ersten eigenen Auto.

Es sei sehr schwer zu sagen, welche Zielgruppe die Messe anspreche, so Schneider vom Organisations-Team. „Es ist eigentlich für jeden etwas dabei.“ Und das nicht nur in Sachen Autos: „Wir haben dieses Jahr zum ersten Mal die Foodtrucks hier“, sagt Schneider. Burger-Truck, Maultäschle-Transporter, Langos-Wagen und Crêpe-Mobil bilden mit Getränkeinsel und Cocktail-Stand zwischen den Neuwagen-Reihen ein Truck-Ensemble, dessen kulinarisches Angebot man sich grüppchenweise auf Bierbänken schmecken lässt. Dazu erklingt harmonischer Gitarren-Sprechgesang der Samstags-Band „Maxo & The Dudes“.

Auch für die Kleinsten hat die Automobil-Messe bestens vorgesorgt. Während Mama und Papa Autos gucken, dürfen die Kids mit riesengroßen Schaumstoffschlägern Gladiator spielen, sich auf der Slackline probieren oder ein paar Runden im Riesen-Kettcar drehen. Wobei letztere Attraktion auch bei einigen sehr großen Kindern ausgesprochen gut ankommt.

Apropos Attraktion: Nicht nur um den sonnengelben Jungstraum ist regelmäßig eine Traube von Interessierten auszumachen. Ein weiteres Objekt der Begierde wartet zwar äußerlich lange nicht so spektakulär auf wie sein sonnengelber Nachbar – es sind seine inneren Werte, die großes Interesse wecken: Der Golf in der Elektro-Ausgabe zieht jede Menge Blicke auf seine in sauberem Weiß gehaltene Karosserie. „Viele gucken sich vor allem den Motorraum an – in dem ja kein Motor mehr drin ist“, so Frederik Pohlmann, der für Volkswagen arbeitet und an diesem Nachmittag viele Fragen rund um diesen Golf beantworten muss.

„Die meisten möchten wissen, wie weit sie damit fahren können, wie das mit dem Aufladen funktioniert, wie oft man laden muss oder wie schnell er fahren kann“, sagt Pohlmann. Und wie viele Besucher zeigen dann tatsächliches Kaufinteresse an der Elektro-Lösung, die zwischen all den PS-starken Flitzern, pompösen Limousinen und bulligen SUVs so konkurrenzlos clean wirkt? „Etwa ein Drittel sind ernsthaft an einem Kauf interessiert, beziehungsweise beschäftigen sich ernsthaft mit der Frage, ob ein Elektro-Auto für ihren Gebrauch in Frage käme“, so Pohlmann. Die restlichen zwei Drittel würden halt gucken und staunen.

Zu ihnen gehört Antonio Russo. Der KfZ-Mechaniker begutachtet in aller Ruhe den Motorraum des Golfs, lässt den Blick über das Akku-Modul schweifen, wo sonst eigentlich ein Motor sitzt. Vorsichtig berührt er es mit seinen Händen, nickt anerkennend mit dem Kopf. „Anders – aber sieht gut aus.“