Tübingen · Wissenschaft

Verwandter der Krokodile: Der verräterische fünfte Zahn

Mithilfe von Funden aus Vietnam entdeckten Tübinger Forscher einen Verwandten der heutigen Krokodile.

22.01.2020

Von ST

Wissenschaftler vom Senckenberg-Zentrum an der Uni Tübingen haben eine neue fossile Gruppe innerhalb der Krokodilverwandten entdeckt. Anhand von knapp 30 Fossilfunden aus der Fundstelle Na Duong in Vietnam konnten die Forscher den neuen Abstammungszweig beschreiben.

Die Fundstelle beherbergt Überbleibsel aus dem Eozän, dem Zeitalter, das vor 56 Millionen Jahren begann und vor rund 34 Millionen Jahren zu Ende ging. Die zwischen 39 und 35 Millionen Jahre alten Fossilien geben Auskunft über die Verbreitung der damaligen Krokodilverwandtschaft. Die Studie mit Tübinger Beteiligung erschien im Fachjournal „PeerJ“.

Die bis zu sechs Meter langen Mississippi-Alligatoren und die südamerikanischen Kaimane gelten als typische heutige Vertreter der Gruppe der Alligatoroidea – einer Überfamilie innerhalb der Krokodile. Diese Krokodilverwandten haben ihren Ursprung in der späten Kreidezeit und breiteten sich von Nordamerika nach Europa, Asien und Südamerika aus.

„Die genauen Verwandtschaftsverhältnisse der Alligatoroidea untereinander sind aber bislang nicht eindeutig geklärt“, erklärt Tobias Massonne vom „Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment“ an der Universität Tübingen.

Wir konnten nun eine neue fossile Gruppe der Alligatoroidea bestimmen und damit dem ‚Familienpuzzle‘ ein weiteres Teil hinzufügen.“ Insgesamt 29 gut erhaltene Schädelfossilien holte das Team unter der Leitung von Prof. Madelaine Böhme während Grabungen in den Jahren 2009 und 2012 aus dem Boden: im „asiatischen Messel“, einer fossilienreichen Fundstelle im nördlichen Vietnam. „Die Kombination verschiedener morphologischer Merkmale, wie beispielsweise ein vergrößerter fünfter Zahn im Oberkiefer der Tiere oder Knochenwülste entlang des Nasenbeins, lässt uns darauf schließen, dass die Fossilien zu einer bislang unbekannten Gruppe aus der Zeit des Eozäns vor 39 bis 35 Millionen Jahren gehören“, erläutert Massonne in einer Pressemitteilung.

Die neuentdeckte Gruppe Orientalosuchina gelangte laut der Studie bereits in der späten Kreidezeit nach Asien und breitete sich dort aus. „Wir gehen daher von mindestens zwei getrennten Ausbreitungsereignissen der Reptilien von Nordamerika nach Asien aus“, so Massonne. „Die bereits bekannte und noch heute lebende Linie Alligatorsinensis kam erst später, während des Känozoikums – vermutlich vor 20 Millionen Jahren – auf den asiatischen Kontinent.“