Nachruf · Prof. Jörn Staecker

Der unangepasste Grenzenüberwinder

Mit dem Tod von Prof. Jörn Staecker verliert die Mittelalter- Archäologie nicht nur einen effizienten Forscher.

24.12.2018

Von ST

Jörn Staecker Archivbild: Sommer

Jörn Staecker Archivbild: Sommer

Am 15. Dezember ist Prof. Jörn Staecker im Alter von 57 Jahren verstorben. Mit ihm verlieren die Universität Tübingen, die deutsche Archäologie und die europäische Mittelalterkunde einen international anerkannten Forscher und erfahrenen Hochschullehrer.

Staeckers Karriere begann 1994 mit der Übernahme der Lehrstuhlvertretung für Mittelalterarchäologie an der Universität Lund, die er von 1998 bis 1999 auch als gewählter stellvertretender Institutsdirektor mit großem Engagement ausfüllte. Es entstand eine beachtliche Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen, die sein Renommee als Spezialist für die Christianisierung Skandinaviens sowie die Archäologie der Wikinger weit über seinen Tod hinaus prägen werden.

Staecker blieb jedoch nicht nur ein Kenner der Archäologie des europäischen Nordens, seine Begeisterung für neue Fragestellungen und Methoden und seine Offenheit gegenüber scheinbar festgeschriebenen Disziplingrenzen trieben ihn als Forscher voran. Im Jahr 2001 legte er seine Habilitationsschrift zur Mittelalterarchäologie an der Universität Lund vor, die als eine interdisziplinäre Arbeit an der Grenze zwischen Archäologie, Geschichtswissenschaft und Kunstgeschichte zu verstehen ist: „Dialog mit dem Tod – Die hoch- und spätmittelalterliche Bestattungssitte und Grablege Südskandinaviens“. Nicht erst mit dieser Arbeit zeigte Staecker das Potenzial interdisziplinärer Forschung unter Einbezug neuerer Kulturtheorien auf und leistete damit einen grundlegenden Beitrag zur Entwicklung der Historischen Archäologie.

Im Jahr 2005 folgte der Ruf auf eine Professur für Historische Archäologie am Institut für Archäologie und Osteologie der Gotland University. 2008 wurde er schließlich Lehrstuhlinhaber der Archäologie des Mittelalters am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Universität Tübingen. Seither hat er als Professor ebenso effizient wie erfolgreich zahlreiche Forschungsarbeiten und -projekte initiiert wie geleitet.

Als Mensch zeichneten Jörn Staecker seine ausgeprägte Bodenhaftung, seine unangepasste Persönlichkeit und vor allem der offene Umgang mit seinen Schülerinnen und Schülern aus. „Man sollte in der Wissenschaft keine Angst haben, sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen und Grenzen offen zu bekämpfen“, nach dieser Devise lebte und arbeitete Staecker. Seine Sicht auf die Dinge, die oft genug einen Wechsel gewohnter Perspektiven voraussetzte, wird künftig nicht nur in der Tübinger Forschung fehlen.

Der Verein zur Förderung der Archäologie des Mittelalters Schloss Hohentübingen und das Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters werden Prof. Jörn Staecker stets ein ehrendes Gedenken bewahren. Wir trauern um den Mittelpunkt unserer Abteilung. Unsere Anteilnahme gilt seiner Frau und seinen Kindern.

      Tilmann Marstaller und Jörg Wid-

      maier für Vorstand und Verein zur       Förderung der Archäologie des

      Mittelalters

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Erstellt:
24.12.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 15sec
zuletzt aktualisiert: 24.12.2018, 01:00 Uhr

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