Nachruf

Der tapferste Junge

Der kleine Tobias Roller ist tot. Er starb im Alter von gerade mal acht Jahren an einem seltenen Immundefekt. Vater Johannes Roller erzählt, wie die Familie die letzten Tage mit Tobias erlebt hat.

03.08.2017

Von Ulla Steuernagel

Tobias Roller, hier als stolzer Besitzer eines ICE. Sein Herzenswunsch erfüllte sich, aber seine Krankheit ließ sich nicht stoppen. Archivbild: Metz

Tobias Roller, hier als stolzer Besitzer eines ICE. Sein Herzenswunsch erfüllte sich, aber seine Krankheit ließ sich nicht stoppen. Archivbild: Metz

Im Mai erfüllte sich ihm ein Herzenswunsch: Er bekam einen ICE in sein Isolierzimmer in der Kinderklinik, in dem sich sein Leben auf engstem Raum abspielte. Die gleichnamige Stuttgarter Aktion machte dem kleinen Tobias Roller aus Lustnau dieses Geschenk. Einen anderen Herzenswunsch konnte dem kleinen Jungen, der gerade mal acht Jahre wurde, aber niemand erfüllen. Sein Leben hing an vielen Überwachungsmonitoren, Infusionsschläuchen und dem Wissen und Können der Ärzte im Tübinger Klinikum. Auch trotz der bewundernswerten Bemühungen der Krankenpflegerinnen auf Station 16 der Kinderklinik und trotz der aufopfernden Betreuung durch die Eltern konnte sein allergrößter Wunsch nicht erfüllt werden: nämlich weiterzuleben, gesund zu werden, auch einmal so selbstverständlich in die Schule gehen und herumzutoben wie andere Kinder in seinem Alter.

Tobias Roller starb am Donnerstag, 27. Juli, in der Kinderklinik. Er starb an einem seltenen Immundefekt, der STAT-Mutation. In der Kinderklinik versuchten die Ärzte ihr mit Stammzelltransplantation und Chemotherapie beizukommen. Aber am Ende waren die Kräfte, die den Körper von Tobias zerstörten, nicht zu bannen.

Am Ende wollte Tobias so nicht mehr weiterleben, so sagte er es auch zu seinem Vater, Johannes Roller. Selbst sein geliebtes Bärchen nahm er danach nicht mehr in den Arm. Johannes Roller hatte im Wechsel mit seiner Frau Elisabeth Tag und Nacht über Wochen an der Seite des jüngsten Kindes ausgeharrt. Am Ende habe Tobias von seinen Angehörigen Abschied nehmen können und auch noch die Eltern und seine großen Schwestern getröstet, so der Vater.

In seinen langen Klinikaufenthalten hatte das blitzgescheite Kind gelernt, sich selber zu beschäftigen und weil es den Körper, der abnehmenden Kräfte wegen, immer weniger bewegen konnte, seinen Verstand am Laufen gehalten. Tobias hatte nicht nur enormes medizinisches Wissen angesammelt, er war auch für sein Alter technisch extrem versiert, und er mochte dazu auch noch Zeichnen und Basteln.

Selbst wenn er sich schwach fühlte, ließ er keine Unterrichtsstunde im Krankenhaus ausfallen. Nie blieb er länger als nötig im Bett liegen, lieber saß er in seinem Sessel, auch wenn er ihn kaum verlassen konnte. Mit strahlendem Lächeln empfing das Kind hier die Besucher.

Mit seinem ICE, den er im Mai bekam, konnte er noch ein bisschen spielen, wenn auch nicht, wie ersehnt, auf großer Anlage. Aber der Junge hatte eben Geduld, auch beim Wünschen, gelernt.

In der Todesanzeige schrieben seine Mitschüler aus der zweiten Klasse der Lustnauer Köstlinschule: „Du warst der tapferste Junge, den wir kennen.“

Am heutigen Donnerstag, 3. August, wird Tobias Roller um 13 Uhr auf dem Lustnauer Friedhof beerdigt.