Kanzlerkandidatur
Der Zweikampf in der Union ist eröffnet
Mit der Ankündigung, Kanzler werden zu wollen, nimmt CSU-Chef Markus Söder nun den Kampf in der Union gegen seinen Konkurrenten Armin Laschet auf. Was hat ihn dazu bewogen?
Die Entscheidung nämlich, wer von beiden die Union als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf führen wird. Von Laschet ist klar, dass er will; das hat er bereits vor Monaten bei seiner Kandidatur für den CDU-Vorsitz deutlich gemacht. Über Söders tatsächliche Ambitionen wurde lange gerätselt, aber das ist jetzt vorbei: „Wenn die CDU bereit wäre, mich zu unterstützen“, so wird er am frühen Nachmittag von Teilnehmern der Fraktionsrunde zitiert, „wäre ich bereit“. Das ist sie, die offene Kampfansage an Laschet, die er kurz darauf dann auch noch einmal in der Pressekonferenz vor Kameras und Mikrofonen wiederholt: „Ich bin bereit zu kandidieren.“
Von einem Kampf aber will natürlich keiner der beiden, die da am jeweils äußersten Ende der Mikrofon-Viererreihe stehen, etwas wissen. Von einem „guten Prozess“ ist die Rede und „freundschaftlichen Gesprächen“. Doch Tatsache ist natürlich: Von nun an wird es einen Gewinner und einen Verlierer geben im Rennen um die Kanzlerkandidatur, auch wenn Söder für den Fall seiner Niederlage „ohne Groll eine gute Zusammenarbeit“ zusichert.
Im politischen Leben des Markus Söder verlief bislang alles genau nach seinem Plan: Er erlernte den Einsatz von Seilschaften, Ellbogen und Intrige in der CSU, er arbeitete sich hoch. Mit einer Mischung aus Beharrlichkeit und Brutalität gelang es ihm, Horst Seehofer aus dem Amt des Ministerpräsidenten zu drängen. Damit hatte der Franke sein Lebensziel erreicht – regieren als Chef in der Münchner Staatskanzlei. Den CSU-Vorsitz übernahm er eher nebenbei, vor allem, damit ihm niemand anderes ins Gehege kommt.
Dieses ließ er aber in den jüngsten Talkshow-Auftritten weg oder wandelte es ab: „Mein Platz ist jetzt in Bayern.“ Selbst die fleißigsten Söderologen unter den journalistischen Beobachtern trauten sich bis zum Sonntag keine Prognose zu, wie er es denn nun mit einer Kanzlerkandidatur hält: Ob er sie will, ob er gebeten werden möchte oder angesichts der miesen Unions-Werte sowieso lieber in München bleiben wird. Söder scheut das Risiko, er will sich einer Sache sicher sein, bevor er zugreift.
„Politik wird immer schnelllebiger“, hatte er mal in einem Gespräch gesagt. Die Macht grüner Ideen – Volksbegehren Artenschutz – wie auch vor allem das Corona-Jahr haben Söder geprägt, verändert. Er bekam das Image des harten, konsequenten Corona-Bekämpfers. Häufig ging Bayern mit Beschränkungen voran, andere Länder folgten. Söder erlebte, dass ihm die ernsthafte Rolle des Staatenlenkers in dieser chaotischen, schlimmen Zeit liegt. Mit der Pandemie scheint er gewachsen zu sein.
Das ist ihm, der Stimmungen regelrecht aufsaugt, natürlich nicht entgangen. Und es schmeichelte ihm, dass er immer öfter als möglicher Kanzlerkandidat genannt wurde. Er hat damit auch gespielt, hat immer wieder auf die Umfragewerte hingewiesen – für seine Verhältnisse erfolgte das aber noch recht dezent. Vor seinem Bekenntnis zur Kandidatur am Sonntag hat er, da kann man sicher sein, die Unterstützung einiger CDU-Schwergewichte eingeholt, die bald auftreten werden. Sonst wäre Markus Söder diesen Schritt nicht gegangen.
Wie es nun genau weitergehen soll, bleibt am Sonntagnachmittag zunächst unklar. Sehr viel länger lässt sich die Entscheidung jedenfalls nicht mehr hinauszögern. Die Machtaufstellung hat sich nicht geändert: Laschet ist Chef der größeren Partei, Söder hat die besseren Umfragewerte. Am Montag tagt – regulär – das Präsidium der CDU, und diesmal – das ist alles andere als regulär – trotz Corona in Präsenz. Es geht also offenbar um etwas. Stellt sich die Spitze der Christdemokraten hinter Laschet, hat Söder eigentlich, so will es die unionsinterne Arithmetik, keine Chance. Manch einer interpretiert Söders Verweis auf den Willen der „großen Schwester“ daher schon als Einstieg in den Ausstieg. Andererseits trommelt auch Söder seine Parteispitze zusammen: CSU-Präsidium am Montagabend. Sicher dürfte eines sein: Bis Pfingsten wird es nicht mehr dauern mit der K-Entscheidung in der CDU.