In der Hoffnungsrunde ringt sich der junge Denis Kudla zu Bronze durch

Der Überraschungsmann

Denis Kudla. Der Name könnte schnell richtig bekannt werden. In Rio hat der 21-Jährige Greco-Ringer mit Bronze noch viele überrascht. Auch die Gegner.

17.08.2016

Von WOLFGANG SCHEERER

Nach seinem Triumph auf der Matte lässt sich der 21-jährige Denis Kudla vom VfK Schifferstadt feiern. Foto: JACK GUEZ

Nach seinem Triumph auf der Matte lässt sich der 21-jährige Denis Kudla vom VfK Schifferstadt feiern. Foto: JACK GUEZ

Rio de Janeiro. Jeder der Funktionäre, die im Jahr 2013 drauf und dran waren, Ringen mangels Attraktivität aus dem olympischen Programm zu kegeln, sollte sich Denis Kudla ansehen. Seinen Biss, sein Lauern, seine schiere Kraft auf der Matte, seinen großen Kampfgeist. Oder noch besser: ihn anhören. „Ringen gehört schon seit der Antike dazu als fester Bestandteil im Sport. Es ist eine Frechheit, dass darüber diskutiert wurde und wir auf der Streichliste standen“, sagt Kudla. Und: „Ich kämpfe um jeden Millimeter. Beim Fußball gibt man auch keinen Ball verloren.“

Vor drei Jahren, als Ringen auf der Kippe stand, war er gerade Junioren-Europameister geworden. Diesen März ist der Chemikant, der in Schifferstadt bei Markus Scherer trainiert, dann beim ersten Aktiven-Turnier ein Coup gelungen: Der 21-jährige Griechisch-Römisch-Spezialist wurde EM-Dritter im Limit bis 85 Kilogramm. Und nun in Rio gleich die nächste große Überraschung: Über die Hoffnungsrunde kämpfte sich Kudla bis ins kleine Finale und gewann eine der beiden bronzenen Plaketten, die im Ringen vergeben werden. Es war die erste deutsche Ringermedaille seit 2008.

Im entscheidenden Kampf hob er den Ungarn Victor Lörincz sehr schnell aus und führte mit 2:0, kassierte dann den Ausgleich und geriet mit 2:3 in Rückstand. „Ich hatte vom Kampf vorher noch schwere Arme und Beine, trotzdem will ich immer gewinnen“, sagt Kudla, der in Polen geboren und in Dasing bei Augsburg aufgewachsen ist. Bei 3:3 kassierte Lörincz dann nur 24 Sekunden vor Schluss die dritte Verwarnung. Das spannende Duell war entschieden. Kudla fiel wie vom Schlag getroffen auf die Matte. Bronze! Das war kaum zu fassen. Nur im Viertelfinale war ein Ringer zu stark für ihn gewesen: Kudla unterlag Davil Schakwetadse 0:4. Genau dieser Russe stand am Ende ganz oben auf dem Siegerpodest.„Das war mein schwerstes Turnier bisher“, sagte Denis Kudla und fügte selbstbewusst hinzu: „2020 in Tokio bin ich vielleicht noch besser. Und auch 2024 könnte ich es vom Alter her noch schaffen. Gold bleibt jedenfalls mein großer Traum.“ Dann würde er auch seinen Trainer übertreffen: Der Pfälzer Markus Scherer hatte bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles Silber geholt. Auch Ringer-Koloss Eduard Popp aus dem Heilbronner Stadtteil Neckargartach hatte in Rio Bronze vor Augen. „Leider ist mir die Medaille aus den Händen geglitten“, sagte er ganz offen nach seiner Schulterniederlage gegen Sabah Schariati aus Aserbaidschan, die bereits nach 1:47 Minuten feststand. „Umso mehr freue ich mich für Denis. Das war eine geniale Leistung.“

Kudla gilt als besonders ehrgeizig. Und hat an sich kein Problem damit. „Ich schaue mir sehr viele Ringervideos an, studiere meine Gegner und meine eigenen Kämpfe. Dauernd denke ich darüber nach, wie ich noch besser werden kann.“

Dann verdreht er allerdings kurz die Augen. „Das einzig Negative dabei: Ich sollte besser einfach auch mal abschalten. Das gelingt mir oft nicht so recht.“ Nach Olympia gibt es dafür vielleicht Gelegenheit. Andererseits: Ohne seine Fähigkeit, sich so absolut aufs Ringen zu fokussieren, wäre er sicher nie so weit gekommen. Denis Kudla hat gezeigt, dass ihm im Ringen die Zukunft gehört. Auch bei Olympia.

Falls nicht irgendwann wieder die Diskussionen beginnen. Aber im Moment ist alles ruhig.