Leichtathletik

Glosse: Der Sprint zur Halbzeitpause

Es ist eine unglaubliche Zeit: 9,58 Sekunden brauchte Usain Bolt 2009, um die 100 Meter im Sprint zurückzulegen. Wahnsinn!

30.07.2021

Von JOSEPHINE JAPKE

Noch immer, zwölf Jahre nach diesem historischen Tag bei den Weltmeisterschaften in Berlin, hält der heute 34-jährige Jamaikaner den Weltrekord – aber nur, weil mir noch niemand beim Sprint von der Couch zur Toilette zugesehen hat, sobald der Schiedsrichter beim Fußball zur 15-minütigen Halbzeitpause pfeift.

Wie Usain Bolt im Startblock sitze ich an jedem Geisterspiel-Spieltag nach 44 Minuten auf der Couch: hochkonzentriert, mit einem Knie auf dem Teppichboden, das andere angewinkelt, um möglichst wenig Windwiderstand zu verspüren, sobald der erlösende Pfiff ertönt. Noch einmal durchatmen, ehe ich mit einer Bolt-gleichen Reaktionszeit von 0,146 Sekunden hochschnelle. Tyson Gay könnte auch mich in diesem Moment nicht stoppen, lediglich die Ecke vom Couchtisch wird mir regelmäßig zum Verhängnis. Wenn ich sehr, sehr großzügig aufrunde, schaffe auch ich in meiner kleinen Wohnung zwischen den Metern sechs bis acht die fast 45-Stundenkilometer-Marke von Bolt.

Schneller bin ich nur, wenn ich schon während der Partie oder zwischen zwei Final-Entscheidungen bei den Spielen in Japan auf das stille Örtchen muss – dann hätte auch „The Lightning Bolt“ keine Chance gegen mich.