VfB Stuttgart

Der Spielbeschleuniger

Tanguy Coulibaly hat ein Jahr gebraucht, um sich zu einem Bundesliga-Spieler zu entwickeln. Nun gehört der Franzose zu den positiven Überraschungen.

22.10.2020

Von STN

Neben dem Spielfeld gilt Tanguy Coulibaly als still und zurückhaltend. Im Spiel überzeugt der französische Außenangreifer durch Geschwindigkeit. Foto: Wolfgang Frank/Eibner-Pressefoto

Neben dem Spielfeld gilt Tanguy Coulibaly als still und zurückhaltend. Im Spiel überzeugt der französische Außenangreifer durch Geschwindigkeit. Foto: Wolfgang Frank/Eibner-Pressefoto

Tanguy Coulibaly hat es in seinem Leben nicht immer leicht gehabt. Er wurde in Sèvres, einem Vorort von Paris, geboren, und wuchs in bescheidenen Verhältnissen mit fünf Geschwistern auf. Fußball gespielt hat er schon bald, und sein Talent blieb auch den Spähern von Paris St. Germain nicht lange verborgen. Coulibaly wechselte in die U 17 des großen Klubs – mit dem klaren Auftrag der strengen Mutter, die Schule nicht zu vernachlässigen.

Zielstrebigkeit und Disziplin hat Coulibaly bereits früh vermittelt bekommen. Denn noch ehe er seine erste Profistation beim VfB Stuttgart richtig antrat, musste er die Abschlussprüfung für sein Baccalauréat, das französische Abitur, bestehen. Das war im Juli 2019. „Viele haben nicht auf dem Zettel, dass Tanguy Coulibaly im vergangenen Jahr noch A-Jugendlicher war“, sagt Sven Mislintat. Als 18-jährige Dribbelbegabung holte ihn der Sportdirektor des VfB Stuttgart aus der U 19 der Pariser Nachwuchsakademie zum damaligen Zweitligisten, ablösefrei. „Diese Verpflichtung musst du machen“, sagt Mislintat, „ansonsten bist du blöd.“

Vertrauen in Mislintat

Coulibaly zählte nicht zu den großen Hoffnungsträgern der europäischen Edelclubs. Doch Mislintat sah in dem Jungen mit der Rastafrisur und dem breiten Stirnband etwas. Fußballerisch: Geschwindigkeit und den Hang, sich im Eins-gegen-Eins trickreich zu behaupten. Charakterlich: eine hohe Eigenmotivation, es nach oben schaffen zu wollen. Sechs Monate kann das dauern, neun oder eben ein Jahr, wie im Fall des Franzosen mit ivorischen Wurzeln. Im Aufstiegsjahr lief Coulibaly in Stuttgart meist nebenher und brachte es nur auf zwei Kurzeinsätze. Der Weg führte über die zweite Mannschaft.

Doch Coulibaly klagte nicht darüber, plötzlich in der baden-württembergischen Oberliga aufzulaufen. Er vertraute Mislintat, der ihm sagte, er könne sich durch das permanente Training auf Profiniveau verbessern. Seine Chance werde kommen.

Außerhalb des Feldes ist der 19-Jährige still und zurückhaltend, bewegt sich vor allem im Kreis der Französisch sprechenden Jungkollegen. Der Teambetreuer Peter Reichert und der belgische Mitspieler Orel Mangala unterstützen ihn sprachlich. „Dadurch fühle ich mich wohler auf dem Platz und mache weniger Fehler“, sagt Coulibaly. Nun wird sein Deutsch immer besser. Sein Körper ist durch das intensive Training auf dem Rasen und im Kraftraum gestärkt, sein Spiel technisch und taktisch gereift. „Tanguy Coulibaly hat ein ganz schönes Kreuz bekommen“, sagt Mislintat. Er avancierte beim 2:0 gegen Hertha BSC zeitweise zum Spieler mit den meisten Beteiligungen an Offensivaktionen.

Beinschüsse setzt der fußballerische Filou gerne an. Dass er damit nicht immer durchkommt, ist klar. „Es wird auch Spiele geben, in denen er leistungsmäßig wieder abfällt“, sagt Mislintat. Aber diese Stärke soll ihm nicht genommen werden. Vielmehr darf sich Coulibaly im Team individuell ausprobieren. Wie Silas Wamangituka. Wie früher, als sie noch auf der Straße kickten.