Boris Palmer

Der Sonnenkönig von Tübingen

Der OB, der an diesem Samstag 50 wird, feilt nach den Querelen mit den Grünen an einem neuen Image.

27.05.2022

Von dpa

Tübingens OB Boris Palmer hofft auf eine dritte Amtszeit. Bild: Bernd Weissbrod/dpa

Tübingens OB Boris Palmer hofft auf eine dritte Amtszeit. Bild: Bernd Weissbrod/dpa

Tübingen. Seinen Sinn für Humor hat er trotz des jahrelangen Streits mit den Grünen jedenfalls nicht verloren, der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer. Kurz vor seinem 50. Geburtstag am 28. Mai kopiert Palmer selbstironisch sein Gesicht in ein Porträt des französischen „Sonnenkönigs“, Ludwig XIV. (1638-1715) und teilt das Bild auf Facebook. Nach provokanten Sprüchen sucht man dafür in den sozialen Netzwerken vergeblich – seit das Parteiausschlussverfahren gegen ihn mit einem Kompromiss abgewendet wurde.

Knapp ein Jahr nach dem Beschluss für ein Ordnungsverfahren wegen Tabubrüchen und Rassismusvorwürfen hatten sich die Südwest-Grünen und der 49-Jährige darauf verständigt. Danach lässt Palmer seine Mitgliedschaft bei den Grünen bis Ende 2023 ruhen. Die Grünen wollen im kommenden Jahr mit ihm Gespräche führen, wie er „zukünftig kontroverse innerparteiliche Meinungen äußern könnte unter Beachtung der Grundsätze und Ordnung der Partei“.

Für den Sonnenkönig-Post erntet Palmer von seinen Followern viele Lacher. Ob ihm dieser Umschwung hilft, am 23. Oktober als Oberbürgermeister wiedergewählt zu werden und Frieden mit seiner Partei zu schließen, wird sich zeigen. Die Themen, mit denen er sich nun in den sozialen Medien befasst, haben mit Partei- oder Außenpolitik wenig zu tun. Es wird am Image gefeilt. „Für die, die nun auf Aufreger hoffen, gibt es in Facebook gerade nicht viel“, sagt Palmer. Lieber zeigt er sich nun von seiner besten Seite. Wenige Monate vor der OB-Wahl, bei der er als unabhängiger Kandidat antritt, ist die Linie klar: Tübinger Themen fürs Tübinger Publikum.

Das ein oder andere „im Eifer des Gefechts“ gefallene Wort bedauert Palmer jetzt, sagt er bei einem Spaziergang. Und zu seinen Kritikern sagt er: „Wir haben in diesem Land eine unfassbare Bürokratie aufgebaut und eine weit überzogene Sensibilität.“ Er mache halt das, was gemacht werden müsse. „Wenn es mit der Wiederwahl nicht klappt im Herbst, werde ich Pensionär.“

Energisch läuft Palmer hoch zum Schloss Hohentübingen und verweist mit Blick auf die Stadt auf die Errungenschaften seit seinem Amtsantritt im Jahr 2006: Fast alle städtischen Dächer seien mit Solaranlagen ausgestattet, drei Gymnasien energetisch saniert, am Bahnhof entsteht an der 50-Millionen-Euro-Baustelle eine Tiefgarage für 1100 Fahrräder und 72 Autos. Pro Fahrrad belaufen sich die Kosten auf 4000 Euro, pro Auto auf 75 000 Euro.

Geplant sind ferner zehn bis zwölf Windräder, die laut Palmer allein ein Fünftel des Stromverbrauchs decken können. Durch die Ansiedlung des Technologieparks „Cyber Valley“ seien die Gewerbesteuern um ein Vielfaches gestiegen und mehr Arbeitsplätze geschaffen worden. „Umweltschutz und Wirtschaftswachstum ist das besondere an Tübingen. Ich bin zuversichtlich, dass die Menschen schätzen, was in den letzten 15 Jahren passiert ist.“