Tübingen

Ferien, Reiselust und Corona: Wo fahren die Tübinger in diesem Jahr hin?

Einfach weg: Das ist in diesen Sommer wieder möglich. Doch die Tübinger zögern noch, beobachtete man jedenfalls in einem Lustnauer Reisebüro.

10.06.2022

Von Patrick Vetter

Symbolbild: GTeam/Fotolia

Symbolbild: GTeam/Fotolia

Reisehunger müsste es bei den Tübingern eigentlich reichlich geben: Während der Pandemie waren Urlaubsreisen schließlich nur unter erschwerten Bedingungen möglich oder gar nicht gestattet. Jetzt ist der Moment der Hoffnung gekommen, und man kann wieder einen Sommerurlaub planen. Die Reisebeschränkungen spielen in vielen Staaten keine Rolle mehr, in anderen werden sie immer weniger streng.

Bei diesen Voraussetzungen sollte das Reisegeschäft eigentlich boomen. Doch die Tübinger agieren, wenn es um Urlaubsplanung geht, noch etwas verhalten. Diesen Eindruck hat zumindest Karin Lechler, Inhaberin des Cityreisebüros in Lustnau: „Der Sommer tröpfelt bisher noch.“ Sie sieht dafür drei Hauptgründe: Der Krieg in der Ukraine, die trotz aller Lockerungen weiter bestehende Pandemie und die steigenden Preise für Reisen und in anderen Lebensbereichen. Die Kunden säßen bei diesen Unsicherheiten „wie das Kaninchen vor der Schlange“ und hätten Angst, eine teure Reise zu buchen.

Die betuchtere Kundschaft sei immer gereist und tue das auch jetzt, verrät Lechler. Schwerer treffen die aktuell hohen Preise Kunden aus der Mittelschicht. Vor allem die unsicheren Energiepreise seien abschreckend, wenn es um teure Urlaubsplanung gehe. „Viele müssen gerade jeden Euro umdrehen“, sagt Lechler. Sie befürchtet auch, dass sich die Lage zumindest im Tourismus nicht so schnell ändern wird. Urlaub könnte langfristig teuer bleiben. Aber das könne auch eine Chance für die Branche sein: „Dann wird das Reisen wieder eine Wertigkeit bekommen.“

Lechler kann selbst der Coronapandemie, die der Tourismusindustrie sonst sehr geschadet hat, etwas Positives abgewinnen: Das Arbeiten von zuhause funktioniere gut. Auch jetzt noch komme sie hauptsächlich für Termine ins Büro. So habe man für jeden Kunden Ruhe und Zeit. Auch wenn noch nicht alles wieder so sei wie vor der Pandemie, würden doch immerhin seit dem vergangenen November wieder Reisen gebucht.

Die Umstellung bringt für Lechler allerdings auch einiges an zusätzlicher Arbeit mit sich. Immer wieder fallen derzeit Flüge aus oder verspäten sich. Auch sonst kann einiges schief gehen bei der Reise. In solchen Fällen wenden sich die Kunden an ihr Reisebüro. Auch wenn Lechler nicht immer helfen kann, seien die Leute froh um eine beruhigende Betreuung. „Die Menschen wollen einen Ansprechpartner“, sagt Lechler. Deshalb buchen auch viele junge Leute weiterhin im Reisebüro und nicht online.

Ein beliebtes Ziel für diesen Sommer sei „die Badewanne Mittelmeer“, sagt Lechler scherzhaft. Das sei im Sommer nicht ungewöhnlich. Im Winter würden eher Fernreisen angetreten. Außerdem ziehe es viele Tübinger dieses Jahr in den Norden, nach Schweden, Norwegen oder Island. Oft handelt es sich dabei um Studienreisen. Nicht besonders zugelegt haben, zumindest im Lechlers Kundenkreis, Urlaube in Deutschland. Hier werde allerdings auch viel über das Internet oder über Mund-zu-Mund-Propaganda vermittelt.

Immerhin kommen auch wieder zunehmend Urlauber nach Tübingen. Das teilte der Bürger- und Verkehrsverein mit. Allerdings planen die Leute solche Städtetrips nicht mehr so gern. Während der Pandemie war es oft schon schwer, die Nachfrage nur für zwei Wochen vorauszusagen. Wenn das Wetter und die Pandemielage passten, standen dann zahlreiche Tagestouristen spontan in Tübingen und „erwarteten das volle Programm“. Diese Spontanität sei geblieben.

Vor der Pandemie habe es im regionalen Tourismus immer eine „August-Delle“ gegeben, während der die meisten Familien im Urlaub waren. Diese Zeit sei während der Pandemie die Hoch-Zeit für Tübingen-Besucher gewesen, da weite Reisen unmöglich waren, so der Eindruck des Bürger- und Verkehrsvereins.

In diesem Sommer erwarten die Profis eine Normalisierung und rechnen wieder mit einem zumindest kleinen Einbruch im Hochsommer. Die Stadt verzeichne mittlerweile auch wieder Mehrtagesgäste und Besucher aus dem Ausland wie der Schweiz oder Österreich. Trotzdem haben Lockdown und Reisebeschränkungen Spuren hinterlassen. Vor allem geschäftliche Meetings und Buchungen seien zurückgegangen, da viele nun und für die Zukunft auf einen Mix aus Online- und Präsenz-Veranstaltungen setzen.

Die Rechte der Reisenden

Wegen Corona können Reisen auch weiterhin storniert werden. Allerdings können jetzt auch Gebühren anfallen. Kostenlos kann die Reise nur storniert werden, wenn ihre Durchführung erheblich beeinträchtigt wird, der Veranstalter erhebliche Leistungsänderungen vornimmt oder die Reise mit erheblichen Mängeln behaftet ist. Was das genau bedeutet, muss meist im Einzelfall geklärt werden. Zu Beginn der Pandemie reichte es, wenn ein Ziel als Risikogebiet eingestuft wurde. Ob das immer noch ausreichend ist, ist momentan nicht so klar. Gerichtsurteile fehlen. Reisende sollten deshalb eher eine gütliche Einigung anstreben, empfiehlt der ADAC.

Viele müssen gerade jeden Euro umdrehen Karin Lechler, Reisebüro-Inhaberin

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Erstellt:
10.06.2022, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 17sec
zuletzt aktualisiert: 10.06.2022, 01:00 Uhr

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