Buchvorstellung

Der Magie des Fußballs auf der Spur

Der Feuilletonist Jürgen Kaube setzt sich mit seinem Lieblingssport auseinander.

20.03.2018

Von GUNTHER HARTWIG

München. Wenn sich Autoren, deren alltägliche Domänen das Feuilleton und die Wissenschaft sind, dem Fußball widmen, riecht das oft nach abgehobener Betrachtung und theoretischem Kauderwelsch. Nicht so bei Jürgen Kaube, dem für Kultur und Literatur zuständigen FAZ-Herausgeber, der nicht nur lebenslanger Anhänger von Werder Bremen ist, sondern auch ein passabler Außenverteidiger war.

Natürlich finden sich auch in Kaubes kurzweiligen elf Kapiteln über die glorreiche Vergangenheit und die kritikwürdige Gegenwart des internationalen Geschäfts mit dem populärsten Spiel auf dem Globus Sätze wie „Fußball ist eine nichtmimetische Bewegungsimprovisation.“ Aber überwiegend schreibt der Soziologe sachkundig, unterhaltsam und bildhaft über seine Leidenschaft, und er entschlüsselt das Erfolgsgeheimnis dieses so unberechenbaren Sports.

Fußball, sagt Kaube, kann (fast) jeder spielen, das macht ihn so attraktiv. Er ist verbindend, sozial wie kulturell, Ausdruck für Heimat und Weltläufigkeit zugleich. Auch Veränderungen der Regeln und der Einzug der Hochtechnik (Torkamera, Videobeweis) können den Wesenskern des Fußballs auf Dauer nicht zerstören – nämlich die Einheit von Leichtigkeit und Schwere, von Spiel und Ernst, von Flug und Fall.

Die Identifizierung der Fans mit den Helden und Schurken des Fußballs, mit Siegern und Versagern, bleibt ebenso eine Konstante beim Blick auf die Substanz dieser unvergleichlichen Sportart. Die Vereine sind für ihre Sympathisanten die organisierte Form dauerhaften Leidens und gelegentlichen Glücks, in der Fankultur spiegelt sich die Gesellschaft mit ihrem Janusgesicht, der bewundernswerten Seite wie ihrem erschreckenden Schatten.

Kritisch sieht der Autor den zunehmenden Einfluss des Geldes auf den Profifußball und seine mediale Vermarktung. Geld kann eben auch Eigentore schießen. Wenn der Sport in die Fänge gleichermaßen humorloser wie gieriger Funktionäre (Uefa, Fifa) gerät, bleiben am Ende nicht nur die Magie dieses Spiels, sondern auch seine Abermillionen Follower auf der Strecke. Wie es mit dem Fußball kurzfristig weiter geht, wird sich schon bei der WM im Sommer weisen. Jürgen Kaubes Lobeshymne auf den Fußball könnte sich daher schon bald wie ein wehmütiger Rückblick und ein hellsichtiger Abgesang lesen. Gunther Hartwig

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Erstellt:
20.03.2018, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 02sec
zuletzt aktualisiert: 20.03.2018, 06:00 Uhr

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