Fast allein auf Mössinger Flur

Der Landtagskandidat der Linken Bernhard Strasdeit kam nach Mössingen

Bernhard Strasdeit hatte zum Wahlkampf-Gespräch in die Sportgaststätte geladen. Allein: Viel im Dialog auszufechten gab es für den Landtagskandidaten der Linken nicht. Nur vier Gäste waren gekommen.

05.03.2016

Von Kathrin Löffler

Es gibt noch Platz am Tisch: Linken-Wahlkampf in Mössingen mit Bernhard (zweiter von links) und Gerlinde Strasdeit: Bild: Franke

Es gibt noch Platz am Tisch: Linken-Wahlkampf in Mössingen mit Bernhard (zweiter von links) und Gerlinde Strasdeit: Bild: Franke

Mössingen. Vor dem Fenster zieht der Regen Schnüre. Drinnen, im Lokal in der Mössinger Langgaß, ist nichts los zur Freitagnachmittagszeit. Man hört das Radio dudeln. Für das Wahlkampfteam der Linken ist eine lange Tafel reserviert. Bernhard und Gerlinde Strasdeit, Landtagsanwärter und Tübinger Stadträtin, entscheiden: Der kleine Ecktisch tut es auch. Nur fünf Gäste sind dem Aufruf zum politischen Debattieren gefolgt. Es sind keine Fremden, man kennt und duzt sich.

Gerlinde Strasdeit drapiert Wahlplakate auf den Fensterbänken. Sie zeigen Jungs, die dafür werben, Flüchtlinge willkommen zu heißen, und ein Frau am Bahngleis, die mehr Geld für Infrastruktur zu fordern scheint. Immerhin: Mit den Menschen im Bild sieht es zumindest ein wenig voller aus im Gastraum.

Linken-Wahlkampf in Mössingen: Eine so triste wie vergebliche Liebesmüh? Aktuelle Umfragen sehen die Linke in Baden-Württemberg derzeit bei vier Prozent. Und damit nicht im Landtag. Bernhard Strasdeit sagt: „Noch nicht.“ Der Trend gehe nämlich nach oben. Strasdeit will „Zweckoptimismus“ verbreiten. Er hofft auf „etliche, die sich noch nicht entschieden haben“, wo sie ihr Kreuzchen machen.

Doch in der heißen Landtagswahlkampfphase denkt der Kandidat bereits über den 13. März hinaus. In Mössingen gibt es bisher keinen Linken-Ortsverein. Ab Sommer soll sich das ändern. Strasdeit: „Wir wollen bei den nächsten Kommunalwahlen in Mössingen mit einer Gemeinderatsliste antreten. Dann, vermutet Strasdeit, klappt es auch mit dem Zulauf besser. „Wenn man eine Ortsgruppe hat, kriegt man sehr schnell Unterstützung und hat eine ganz andere Kommunikation mit der Bevölkerung, als wenn man nicht kommunalpolitisch tätig ist.“

Vorerst verlangt aber die Gegenwart: das Einschwören auf das Südwestvotum in kleiner Runde. Strasdeit rekapituliert zunächst die wesentlichen Positionen seiner Partei: Die Schülerfahrkarten im Naldo-Bezirk sollen subventioniert, soziale Wohnungsbauprojekte nicht dem freien Markt überlassen werden. Soziale Berufe müssten aufgewertet und mehr Gelder in die Gesundheitsversorgung gesteckt werden, außerdem müsste das Land mehr in die Unikliniken investieren. Baden-Württemberg brauche einen Investitionsschub für Wohnungsbau, Schienenausbau, Straßen und Bildung. Dafür, findet Strasdeit, könne man neue Verbindlichkeiten in Kauf nehmen. Er legitimiert das, indem er das vielzitierte Bild von der sparsamen Südwestdeutschen zu entzaubern versucht: „Ich kenne viele schwäbische Hausfrauen, die Schulden machen.“

Winfried Kretschmann und Nils Schmid kritisierte Strasdeit als „die größten Gegner der Vermögenssteuer in ihren Parteien“ – er selber möchte die „ungleiche Verteilung des Reichtums“ im Land stoppen. Außerdem will die Linke schlechte Arbeitsbedingungen eindämmen. „Leiharbeit“, sagt Strasdeit, „ist Sklaverei“. Seine Gäste neigen zum Fatalismus: „Das wird immer so sein, das Unternehmen will auch leben.“

Und in der Flüchtlingsfrage? Braucht es, so der Landtagskandidat, einen „anderen Eingriff in die Konfliktwelt“. Dass die Bundesregierung immer noch Saudi-Arabien mit Waffen beliefere, das wiederum den IS mitaufgebaut habe, sei nicht einsichtig.

Strasdeit glaubt, „wir können es schaffen, in den Landtag zu kommen“. Andere nicht, berichtet ein Zuhörer. Weil diese nicht in ein Meistern der Fünf-Prozent-Hürde vertrauen, halten sie eine Stimme für die Linken für eine verlorene – und überlegen, sie dann lieber den Grünen als den Schwarzen zu geben. Was ihnen raten? Der Landtagskandidat versucht, zu insistieren: Nein, die Stimme sei nicht verloren. „Es kann sein, ihr wählt Kretschmann, und es gibt Schwarz-Grün“, beschreibt er das Horrorszenario aus Linken-Sicht. Wer linke Positionen vertrete, solle nicht für Kretschmann stimmen. Wer linke Positionen vertrete, sei mit Kretschmann angeschmiert. Wo – und bei wem – Sozialdemokraten und Grüne landeten, wisse man nicht. Wohl aber, dass die Linken nicht mit der CDU koalierten.

Man debattiert noch ein wenig über die Ursachen der Nahostkonflikte, bevor sich die Runde auflöst. Strasdeit will in den nächsten Tagen noch die Mössinger Haushalte informieren, Stände aufbauen. Es gelte, „die antifaschistische Tradition in der Stadt fortzuführen“.