Ausstellung

Der Körper ist das Maß aller Dinge

Antony Gormley zeigt im Sindelfinger Schauwerk menschliche Gestalten in vielfältigen Variationen.

17.06.2021

Von BURKHARD MEIER-GROLMAN

Liegende Figur, nach Antony Gormleys Körpermaßen gegossen. Foto: Gerda Meier-Grolman

Liegende Figur, nach Antony Gormleys Körpermaßen gegossen. Foto: Gerda Meier-Grolman

Sindelfingen. Da scheint so ein schwarzlackierter Riesenkerl beim Bleigießen an Silvester vergessen worden zu sein. Plattgemacht liegt er am Boden, alle Viere von sich gestreckt. Kein Lebenszeichen zu erkennen. Aber falsch gedacht, der britische Bildhauer Antony Gormley hat uns einen Bären aufgebunden. Diese nach seinen Körpermaßen gegossene Skulptur, dieser Korpus wirkt, als könnte er sich jeden Moment erheben, um seinen Machtanspruch anzumelden. Man hat den Eindruck, dieser Bleimensch würde sich am liebsten gleich daran machen, alles um ihn herum, den Raum samt der Zeit zu erobern.

Im Schauwerk wird jetzt das künstlerische Konzept dieses 1950 in London geborenen Henry-Moore-Nachfahren Antony Gormley komplett offengelegt. Und da es diese Corona-Zeit mit sich gebracht hat, dass Gormley genügend Spielraum hatte, diese Werkschau genauestens zu planen, ist es ein Leichtes, seinen Intentionen zu folgen. Da braucht es kein intellektuelles Geschwurbel, um Gormleys Kunst klar zu machen. Alles liegt auf der Hand: Ausgangspunkt für die Raumerkundungen ist der menschliche Körper, seine Möglichkeiten werden ausgelotet. Gormleys Skulpturen dehnen sich aus, drücken Grenzmauern ein, zerlegen sich selbst in filigrane Strahlengebilde, minimieren sich auf Giacometti-Dürre, plustern sich auf zu Ballon-Figuren, tausend Variationen, ein Ende ist nicht abzusehen. Burkhard Meier-Grolman

Info Antony Gormley bis 24. April 2022 im Schauwerk Sindelfingen; geöffnet Di und Do 15-19 Uhr, Sa und So 11-17 Uhr; www.schauwerk-sindelfingen.de