Nach dem Rücktritt von Moritz Fürste steht Hockey-Team vor Umbruch

Der Kapitän geht von Bord

Der deutsche Hockey-Kapitän Moritz Fürste hat sich mit der Bronzemedaille würdig von der großen Olympia-Bühne verabschiedet.

20.08.2016

Von SID

Will künftig mehr Zeit für seine Kleinfamilie mit Tochter Emma haben: DHB-Kapitän Moritz Fürste. Foto: Eibner

Will künftig mehr Zeit für seine Kleinfamilie mit Tochter Emma haben: DHB-Kapitän Moritz Fürste. Foto: Eibner

Rio de Janeiro. Moritz Fürste fackelte nicht lange. Als der langjährige Kapitän der deutschen Hockey-Männer am Ende eines hochemotionalen Tages eine riesige Champagnerflasche in die Finger bekam, setzte es für die Teamkollegen erst einmal eine kalte Dusche.

„Wir sind wahnsinnig froh, dass wir so einen Erfolg feiern können, das werden wir richtig genießen“, sagte der 31-Jährige, der die besonderen Momente mit seiner Frau Stephanie und seinem Töchterchen Emma teilte.

Immer wieder lief die kleine Emma zu ihrem Papa, mit dem sie bald mehr Zeit verbringen kann – denn Fürstes große Nationalmannschafts-Karriere endete in Rio. Mit einem Glanzpunkt, mit Bronze nach einem 4:3-Krimi im Penalty-Schießen gegen den Erzrivalen Niederlande.

Die Stimmung im Deutschen Haus in Rio kochte mit der Ankunft der traditionell feierlustigen Hockey-Nationalmannschaft um Fürste hoch. Immer wieder ertönten „Alemanha, Alemanha“-Sprechchöre. Beim prominentesten deutschen Hockeyspieler schwang aber auch ein gutes Stück Traurigkeit mit. „Olympische Spiele sind immer noch das Größte für einen Sportler“, sagte Fürste, dem der Abschied richtig schwer fiel.

Entsprechend ausgiebig feierte das deutsche Team, bis gegen 4 Uhr morgens irgendwann das Licht anging im Deutschen Haus. Für Fürste viel zu früh. „Das war einmal GAR NICHTS @DOSB“, twitterte er kurze Zeit später: „Ein Deutsches Haus, das die Athleten rausschmeißt.... das muss uns einer erklären.“

Zuvor hatte Fürste äußerst emotionale Stunden erlebt. Kurz vor dem Anpfiff des Spiels um Platz drei gab er via Facebook seinen Rücktritt bekannt. „Ich war sehr nah am Wasser gebaut“, sagte der 31-Jährige, der in den Interviews nach seinem letzten Auftritt mit dem Adler auf der Brust immer wieder tief durchatmen musste. „Ich bin vor allem dankbar, ein bisschen Wehmut ist aber natürlich auch dabei“, sagte er.

Den Deutschen Hockey-Bund (DHB) schmerzt der Verlust seines Starspielers sehr. Mit Fürste verliert die Mannschaft nicht nur einen Spieler von Weltklasse-Format, sondern ihr Aushängeschild, das Gesicht einer ganzen Sportart. Fürstes Erfolge stehen für sich. Er ist Olympiasieger von 2008 und 2012, Weltmeister 2006, Europameister 2011, Sieger der Champions Trophy 2007 und 2014. Welthockeyspieler 2012. Und vor allem auch neben dem Platz eine Persönlichkeit, ein Mann mit einer eigenen Meinung.

„Er hinterlässt eine riesige Lücke, nicht nur als Spieler, sondern auch menschlich“, sagte der deutsche Hockey-Bundestrainer Valentin Altenburg: „Wir werden alles daran setzen, dass wir auch weiterhin solche Spielerpersönlichkeiten über die Jugend und die Nationalmannschaft entwickeln können.“

Der im vergangenen Jahrzehnt so erfolgreiche Deutsche Hockey-Bund steht vor einer tiefen Zäsur, die Zukunft weiterer Großkaliber ist offen. Tobias Hauke, auf und abseits des Platzes von ähnlichem Rang wie Fürste, wird nach den Sommerspielen grübeln, ob er Tokio 2020 ins Auge fasst. Nicolas Jacobi, der Klassekeeper, der gegen Oranje zum Helden avancierte, äußerte sich nicht abgeneigt, gab sich aber noch Zeit. Und Bundestrainer Altenburg war als „Projekttrainer Rio“ vorgestellt worden. Es gibt viel Anlass für Gespräche.

Klarheit herrscht nur bei Moritz Fürste. Mit der Bronzemedaille in Brasilien ist seine große olympische Karriere vorbei. Zumindest höchstwahrscheinlich. „Wer weiß, vielleicht brauchen die Bobfahrer nochmal einen guten Anschieber“, sagte er. Und lachte.

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Erstellt:
20.08.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 36sec
zuletzt aktualisiert: 20.08.2016, 06:00 Uhr

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