Emissionen

Denkfabrik wirbt für höhere Steuern auf Fleisch und Milch

Die Stiftung Klimaneutralität hat durchgerechnet, wie sich der Schadstoffausstoß in der Landwirtschaft senken lässt. Sie spricht sich dafür aus, den Stickstoff-Düngereinsatz zu begrenzen.

02.06.2021

Von IGOR STEINLE

Weniger Fleisch, dafür bessere Bedingungen: Um die Emissionen in der Landwirtschaft zu reduzieren, muss der Tierbestand abnehmen. Foto: dpa/Matthias Bein

Weniger Fleisch, dafür bessere Bedingungen: Um die Emissionen in der Landwirtschaft zu reduzieren, muss der Tierbestand abnehmen. Foto: dpa/Matthias Bein

Berlin. Geht es um Klimaschutz, ist viel von Kohle, Fliegen und Verkehr die Rede. Schwächer ausgeleuchtet ist die Frage, wie eigentlich in der Landwirtschaft, verantwortlich für acht Prozent der deutschen Klimagase, die Emissionen sinken sollen. Dabei muss der Treibhausgas-Ausstoß, will man die Klimaziele erreichen, auch hier stark eingeschränkt werden. Die Stiftung Klimaneutralität hat nun in einer Studie, die dieser Zeitung vorab vorliegt, einen Weg vorgezeichnet, wie das gelingen könnte.

So wirbt die Denkfabrik dafür, den Einsatz von Stickstoff-Dünger in der Landwirtschaft zu begrenzen. Werden Felder zu stark gedüngt, belastet das nicht nur Böden und Gewässer, sondern auch das Klima. „Stickstoffüberschüsse sind mit mehr als einem Drittel eine der größten Emissionsquellen der Landwirtschaft“, so die Autoren. Aus überschüssigem Stickstoff, der nicht von den Pflanzen aufgenommen wird, entsteht im Boden Lachgas – ein 300-mal stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid. Trotz seines geringen Anteils in der Luft trägt es mit rund sieben Prozent zur globalen Erwärmung bei.

Dennoch weiß man bis heute nicht, wie viel Stickstoff eigentlich auf den Feldern landet. Um die Menge begrenzen zu können, plädiert die Stiftung dafür, in den einzelnen Betrieben eine Nährstoffbilanzierung einzuführen, zu der Landwirtschaftsämter Zugang haben sollen. Eine Steuer auf mineralischen Dünger in Höhe von 50 Cent pro Kilo Stickstoff soll zusätzlich eingeführt werden. Als weiteres Klimaproblem hat die Studie die Tierhaltung ausgemacht. Diese verursache Methan-Emissionen in ebenfalls beachtlichen Dimensionen. Eine vollständige Vermeidung ist hier nicht möglich, weswegen Klimaneutralität am Ende nur mit Kompensations-Technologien wie „Biomasse-CCS“ zu erreichen sei, bei der Pflanzen verbrannt werden, um das dabei entstehende Kohlenstoffdioxid anschließend abzuscheiden.

Weil dies sehr teuer sei, wirbt die Stiftung jedoch dafür, auch den Konsum tierischer Produkte zu reduzieren, um so den Tierbestand zu verkleinern. Die Bevorzugung tierischer Produkte bei der Umsatzsteuer solle beendet werden. Derzeit fallen auf Fleisch, Milch oder Eier sieben Prozent an. „Für tierische Produkte ist zukünftig der Regelsatz von 19 Prozent zu zahlen“, schlagen die Experten vor. Die Steuermehreinnahmen solle der Staat zugunsten einer klimaschonenden Landwirtschaft verwenden.

„Wir sprechen uns nicht für staatlich verordnete Verzichtsmaßnahmen aus“, sagt Stiftungs-Direktor Rainer Baake. „Aber die Zusammenhänge zwischen Tierhaltung und Klimawandel müssen benannt und steuerliche Privilegien für tierische Produkte sollten abgeschafft werden.“ Nötig sei eine gesellschaftliche Verständigung über eine Perspektive für die Nutztierhaltung. Igor Steinle