Afghanistan

Debatte über längeren Einsatz

Da der Abzugsplan nicht zu halten ist, soll das Bundeswehrmandat um zehn Monate verlängert werden.

22.02.2021

Von STEFAN KEGEL

Berlin. Nach der Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Bundeswehr-Präsenz in Afghanistan eventuell deutlich zu verlängern, debattiert die Politik darüber, wie das Mandat künftig aussehen soll. In einer Rede bei der virtuellen Münchner Sicherheitskonferenz hatte die Kanzlerin am Freitag gesagt: „Deutschland ist dazu bereit, auch länger in Afghanistan zu bleiben, wenn es der erfolgreichen Mission dient und wenn es uns in eine Position bringt, die auch den demokratischen, den friedliebenden Kräften in Afghanistan wirklich eine Chance gibt.“

Der für Ende April von der abgewählten US-Regierung unter Donald Trump verhandelte Abzug dürfe „nicht darin enden, dass die falschen Kräfte dort die Oberhand gewinnen“. Die radikalislamischen Taliban haben bereits Krieg angekündigt, falls die ausländischen Truppen, die seit 2001 im Land sind, länger bleiben.

Während die Nato auf ihrem Verteidigungsministertreffen in der vergangenen Woche eine Entscheidung über eine Verschiebung des Abzugs auf Ende März verlegt hat, drängt in Deutschland die Zeit. Das Bundeswehr-Mandat für Afghanistan läuft am 31. März aus. Bis dahin muss der Bundestag also festlegen, wie lange deutsche Soldaten weiterhin in Afghanistan stationiert sein und die Ausbildungsmission „Resolute Support“ unterstützen sollen.

Veränderte Lage

Vize-SPD-Fraktionschefin Gabriela Heinrich mahnt zu „Augenmaß“. Der Abzugstermin Ende April sei nicht zu halten. Nach der Bundestagswahl im September müsse das dann neu gewählte Parlament die eventuell veränderte Lage neu beraten, zumal der Einsatz vermutlich gefährlicher werde. „Daher plädiere ich für ein auf 10 Monate verkürztes Mandat.“ Ein schneller Abzug kommt auch für den CDU-Verteidigungsexperten Henning Otte nicht in Frage. „Voraussetzung für einen Abzug der internationalen Truppen ist ein tragfähiger Friedensschluss“ zwischen Taliban und afghanischer Regierung, betonte er gegenüber dieser Zeitung. Erreichte Erfolge dürften nicht verspielt werden. Auf jeden Fall müsse das Mandat „auch weiterhin so ausgestaltet bleiben, dass sich die Bundeswehr zu jeder Zeit gegen Angriffe verteidigen kann“. Auch er plädiert für eine Ausweitung bis zum 31. Januar 2022.

Für den Zeitplan gibt es Sympathie bei Teilen der Opposition, etwa beim außenpolitischen Sprecher der FDP, Bijan Djir-Sarai. „Die Bundesregierung sollte sich gegenüber der US-Regierung aktiver als bisher für eine gemeinsame Abzugsperspektive einsetzen“, forderte er. Sein Grünen-Kollege Omid Nouripour betonte, Trump habe den Taliban „quasi das halbe Land versprochen“. „Es ist gut, dass Joe Biden den Reset-Knopf drückt.“ Linken-Vizechef Tobias Pflüger sprach von „Konkursverschleppung“ und verlangte einen Truppenabzug. Stefan Kegel