Landtagswahl

Das kleine Wahl-Einmaleins

Wer wird gewählt, wann steht die neue Regierung, welche Koalitionen sind möglich? Fragen und Antworten zum Sonntag.

13.03.2021

Von Roland Muschel & Jens Schmitz

Von hier aus wird das Land regiert: Das beleuchtete Landtags-Gebäude in Stuttgart. Foto: Bernd Weissbrod/dpa

Von hier aus wird das Land regiert: Das beleuchtete Landtags-Gebäude in Stuttgart. Foto: Bernd Weissbrod/dpa

Rund 7,7 Millionen Baden-Württemberger sind aufgerufen, ihre Stimme für die Zusammensetzung des 17. Landtags von Baden-Württemberg abzugeben. Ein Überblick über wichtige Informationen zur Wahl:

Wie ist die Ausgangslage? Bei der Landtagswahl 2016 sind die Grünen erstmals stärkste Partei im Land geworden, mit 30,3 Prozent der Stimmen. Die CDU fuhr damals mit 27 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis ein. Die erstmals angetretene AfD kam aus dem Stand auf 15,1 Prozent. Die SPD musste mit 12,7 Prozent ebenfalls ihr bislang schlechtestes Ergebnis verzeichnen, die FDP kam auf 8,3 Prozent. Alle anderen Parteien scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde.

In den jüngsten Erhebungen unterschiedlicher Institute rangieren die Grünen zwischen 32 und 35 Prozent, die CDU zwischen 24 und 25 Prozent, die AfD zwischen 11 und 12 sowie die FDP zwischen 10 und 11. Die SPD haben alle mit 10 Prozent gemessen. Mit 3 bis 4 Prozent darf sich die Linke noch leichte Hoffnungen auf den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde machen.

Wie wird gewählt? Bei der Landtagswahl gibt es keine Möglichkeit, den oder die nächste(n) Ministerpräsident(in) direkt zu wählen. Die Wahlberechtigten stimmen für Abgeordnete aus ihrem Wahlkreis. Die Stimme wird zugleich für die jeweilige Partei gewertet – anders als bei der Bundestagswahl gibt es keine zwei Stimmen. In jedem der 70 Wahlkreise sind eigene Kandidaturen für den Landtag eingereicht worden. Auf den Wahlscheinen stehen die im örtlichen Wahlkreis zugelassenen Vorschläge, pro Person und Partei ein Feld. Es darf nur ein Feld angekreuzt werden. Hinzufügungen, Streichungen, Änderungen oder Kommentare auf dem Wahlschein entwerten ihn. Die Beantragung von Briefwahlunterlagen war bis spätestens Freitag möglich.

Wann gibt es ein Ergebnis? Bei der Landtagswahl 2016 stand das vorläufige Ergebnis gegen 22.30 Uhr fest. Landeswahlleiterin Cornelia Nesch hält es für möglich, dass es wegen eines höheren Briefwahlanteils diesmal länger dauert. Das endgültige amtliche Endergebnis wird am 1. April erwartet.

Gibt es Besonderheiten aufgrund der Pandemie? Wegen der monatelangen Kontaktbeschränkungen wurde die Zahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften für außerparlamentarische Kleinparteien auf 75 pro Wahlkreis halbiert. Der Wahlkampf lief zum größten Teil virtuell. Es wird ein ungewohnt hoher Briefwahl-Anteil erwartet, weil diese Stimmen kontaktlos abgegeben werden können. Wähler, die kurzfristig erkranken oder in Quarantäne müssen, können die Briefwahlunterlagen bis 15 Uhr am Wahltag beantragen. Im Wahllokal muss sich jede Person die Hände desinfizieren, eine medizinische oder FFP2-Maske tragen und die Abstandsregeln einhalten. Wahlberechtigte werden gebeten, eigene Kugelschreiber mitzubringen.

Wie viele Abgeordnete gibt es? Der Landtag hat mindestens 120 Abgeordnete. Die jeweiligen Wahlkreis-Gewinner ziehen mit einem Direktmandat in den Landtag ein. Bei 70 Wahlkreisen sind so bereits 70 Sitze vergeben. Damit die Sitzverteilung das Verhältnis der Gesamtstimmenzahl für die Parteien widerspiegelt, gibt es Zweitmandate. Sie werden innerhalb einer Partei in absteigender Reihenfolge der Stimmenanteile verteilt. Für eine regionale Ausgewogenheit geschieht dies auf Ebene der vier Regierungsbezirke Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart, Tübingen. Zu Überhangmandaten kommt es, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach dem Gesamtstimmenanteil an Sitzen zustehen würden. Um das Verhältnis wiederherzustellen, gibt es dann Ausgleichsmandate. Dadurch kann der Landtag größer werden; derzeit hat er 143 Abgeordnete.

Wann tritt der neue Landtag zusammen? Die 16. Wahlperiode des Landtags endet am 30. April; bis dahin kann das alte Parlament, etwa für Corona-Sondersitzungen, noch zusammenkommen. Der neue, 17. Landtag muss sich spätestens am 16. Mai 2021 zu seiner konstituierenden Sitzung treffen, zeitgleich endet die Amtszeit der bisherigen Regierung und muss vom Landtag eine neue Ministerpräsidentin, ein neuer Ministerpräsident gewählt werden. In der Regel findet der Stabwechsel aber vor Ende der offiziellen Fristen statt.

Wer regiert bis dahin? Bis dahin ist die bisherige Regierung weiter im Amt. Allerdings gehört es zum politischen Konsens, dass keine weitreichenden Entscheidungen und Weichenstellungen für die Zukunft mehr getroffen werden.

Welche Regierungsoptionen gibt es? Grundsätzlich lehnen Grüne, CDU, SPD und FDP eine Zusammenarbeit mit der AfD ab. Ansonsten aber sind alle Farbenspiele denkbar, von – je nach Wahlergebnis – einer Fortsetzung der Koalition aus Grünen und CDU über eine grün-gelb-rote Ampel bis hin zu einer Neuauflage von Grün-Rot oder sogar einem grün-gelben Experiment. Die Parteien werden die rechnerisch möglichen Optionen in der Woche nach der Wahl sondieren, am Wahlabend selbst wird es dazu keine Entscheidung geben.

Mindestens 50 Wähler pro Wahllokal

Durch die vielen Briefwähler könnte es dazu kommen, dass weniger als 50 Berechtigte persönlich in einem Wahllokal erscheinen, um ihr Kreuzchen zu machen. Dann kann nicht vor Ort ausgezählt werden. Das Wahlgeheimnis wäre nicht mehr sicher.

Die Landeswahlordnung schreibt dann vor, dass die verschlossene Wahlurne zum Auszählen in ein anderes Wahllokal im gleichen Wahlbezirk gebracht wird. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass dann später als sonst ein Ergebnis vorliegt. - aw