Das ist mein Grundrecht!

Musikvideo: Theisen und Thun über Palmer

Comedian Johann Theisen kreierte zusammen mit Helge Thun einen Rap auf Tübingens Oberbürgermeister. Es geht um Rechthaben, Rechtnehmen und das Wörtchen Aber.

13.05.2020

Von Ulla Steuernagel

Welches Musikgenre passt zu Boris Palmer? Klassik? Zu bildungsbürgerlich. Jazz? Zu intellektuell. Soul? Zu emotional. Schlager? Zu schmachtend. Blues? Könnte gehen. Rap? Das ist’s: passt! Leicht erkennbares Muster, auf Wiederholung setzend, dennoch dynamisch, streitbar, wortlastig. Jedenfalls gibt es ihn nun, den Rap auf den Tübinger Oberbürgermeister. Der Song könnte ihn als Marke noch bekannter machen. Palmer selber weist sogar auf seiner Facebook-Seite – vielleicht sogar stolz? - darauf hin und kündigt an, er werde auf dem nächsten Stadtfest mitsingen.

Der Comedian und Helge-Thun-Meisterschüler, Johann Theisen, präsentiert den Rap „Rechthaber“ in der schönen online verfügbaren Reihe „Reim Patrouille“. Bühne ist vor allem der Tübinger Marktplatz - im adretten Schwarzweiß und aus der Untertanen-Froschperspektive aufgenommen. Blitzlichtkurz sind Szenen aus dem medialen Leben Palmers ins Video gemixt. Um Palmer geht es ja auch in dem von Thun gedichteten Song zuallererst, aber zugleich ist er auch nur Randfigur, der eigentliche Star heißt Johann Theisen.

Theisen hat das typische Rapper-Repertoire drauf: vom zappelnden Händewerk bis zur elastisch federnden O-Beinarbeit - und dazu beherrscht er noch traumsicher den schnellen und dennoch gelangweilten Rapper-Sprech. Ob er Palmer mit dem Song wirklich zum Mitjubeln anregen wird?

Es geht los mit: „Hey Berlin! Ihr habt Sarrazin! Wir in der Provinz, wir haben IHN!“

Vor allem das Wort „Recht“ kommt danach sehr häufig vor. Aber ob sich der OB dabei auch recht verstanden fühlt? Denn es wird ihm hier nicht unbedingt Recht gegeben: „Ich bin Boris, und ich muss immer Recht haben und weil ich immer Recht hab‘, kann ich auch mit Recht sagen: Ich hab Recht, und Ihr habt Unrecht! Immer Recht zu haben, das ist mein Grundrecht.“ So also geht der Refrain. Dazwischen breitet Theisen, der die Musik zum Rap gemacht hat, ein paar ruppige Thesen aus. Etwa: „Wenn ich in den Medien/ mal wieder Scheiße laber,/ dann kommt erst die Entschuldigung,/ und dann das Wörtchen ABER!“ Oder: „Mein Intelligenzquotient/ geht gegen unendlich,/ und dass mir keiner glaubt,/ ist mir völlig unverständlich!“

Der größte Teil des Videos ist vor dem Tübinger Rathaus aufgenommen. Man muss sich fragen, wie Theisen ohne größeren Volksauflauf so locker auf dem Rand des Neptunbrunnens turnen konnte. Dank des leichten Equipments war allzu viel Publicity zu vermeiden, erklärt Smartphone-Kameramann Thun. Theisen bewegte also zwar den Mund, doch Ton kam erst nach der Bearbeitung heraus. Ohne diese Stummschaltung hätte es möglicherweise ins Video laufende Oberbürgermeister oder Störungen anderer Art gegeben. Trotz einfacher Technik und kürzester Produktionszeit ist der kleine lokale Musikfilm professionell gemacht, und man hat den perfekten Beweis: Aus der Provinz kann doch viel Gutes kommen. Hoffentlich bricht nun nicht gleich ein Sturm der Empörung über den Rap herein. Nach umgekehrtem Palmer-Muster oder, wie es im Song heißt: „Von links kommt der Shitstorm,/ von rechts komm‘ die Fans!/ Talkshows und Sitcoms/ - Dauerpräsenz!“