Kommunikationsfördernd im Look der Fünfzigerjahre

Das Technische Rathaus in Tübingen ist fast fertig – gearbeitet wird darin schon.

Für die Mitarbeiter gibt es im neuen Technischen Rathaus in der Brunnenstraße nicht nur Büros, sondern auch Duschen und eine Cafeteria.

08.06.2018

Von Sabine Lohr

Polternd rollt ein Umzugshelfer eine Holzkiste nach der anderen ins Technische Rathaus. Das macht so einen Lärm, dass sich Baubürgermeister Cord Soehlke immer wieder unterbrechen muss, als er den Pressevertretern erklärt, warum er ihnen ausgerechnet jetzt den Neubau zeigen will. Denn ganz fertig sei er noch nicht, nur zu 99 Prozent. Aber: „Wir arbeiten jetzt darin.“ Alle bis aufs Baurechtsamt, das früher „Service Center Bauen“ hieß.

Darum ist das Foyer noch menschenleer. Das wird sich aber in zwei Wochen ändern, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Baurechtsamts dorthin umgezogen sind. Lange suchen muss also niemand, der eine Auskunft will: Wer das Technische Rathaus betritt, landet in diesem Amt. Und steht in einem 15 Meter hohen und sehr hellen Raum, der sein Licht durch das von Holzbalken getragene Glasdach bekommt. Links mag der Besucher, wenn er früher mal im Technischen Rathaus war, einen Aha-Effekt erleben, denn die Fassade des Altbaus blieb erhalten. „Wir hätten am liebsten den alten Putz drauf gelassen“, sagt Architekt Walter Fritz vom Tübinger Büro Ackermann und Raff. Aber 60 Jahre Regen hätten Spuren hinterlassen. Also wurde die Fassade neu verputzt. Und auch die Fenster sind neu – aber an der alten Stelle. „Alles ohne Schnickschnack“, sagt Fritz zum Fünfzigerjahre-Look.

Gegenüber der Altbau-Fassade ist das Baurechtsamt, im Neubau. Den haben die Architekten der Biegung der Brunnenstraße angepasst, was dem Foyer seine ungewöhnliche Form gibt. Über dem Baurechtsamt ist die neue Innenfassade aus Holzleisten. Auch das eine Erinnerung an die Fünfzigerjahre.

An der Stirnseite sind drei riesige Fenster übereinander. Dahinter verbergen sich Besprechungszimmer. „Die Besucher sehen uns beim Arbeiten“, sagt Soehlke. Und auch die Mitarbeiter sehen sich gegenseitig. Zwar kann nicht in alle Büros geschaut werden, aber von den ins Foyer offenen Fluren sind alle Besprechungszimmer und Teeküchen zu sehen. Soehlke ist davon ganz begeistert: „Da kommt es vor, dass ich jemanden entdecke, dem ich gleich eine Mail schreiben wollte. Dann winkt man sich zu und verständigt sich durch Handzeichen, dass man sich mal kurz trifft.“ Das „Kommunikative“ des Baus habe sich bereits bewährt, sagt Soehlke.

Überhaupt steht das Kommunikative, das Miteinander im Mittelpunkt des Technischen Rathauses – und wird durch die Architektur erst möglich. Es gibt Großraumbüros, in denen der Flur einbezogen ist. Es gibt Teeküchen auf jeder Etage. Und ganz oben, in einer dem Altbau aufgesetzten Etage in Holzleichtbauweise, gibt es eine Cafeteria. Sie hat eine Küche, einen Tresen, jede Menge Mikrowellen, „die beste Kaffeemaschine im Haus“ (Soehlke), lange Holztische, an denen graue, rote und gelbe Stühle stehen, und an den Wänden kleine Tische und Sessel. Alles ein bisschen retro, Fünfzigerjahre eben. Bis auf die modernen Holztische – da hat sich Soehlke durchgesetzt gegenüber der Projektleiterin Annette Schwieren und Andreas Haas, der den Fachbereich Hochbau leitet.

So ist in der Cafeteria im Kleinen das zu sehen, was das gesamte Gebäude im Großen auszeichnet: Alt und neu sind miteinander verschmolzen. „Wir hätten das auch einfacher haben können“, sagt Architekt Prof. Hellmut Raff, „wir hätten den Altbau sanieren und ihm einen Neubau an die Seite stellen können.“ Die Transformation sei eine Herausforderung gewesen, aber eben auch spannend.

Die Cafeteria soll künftig ein öffentlicher Raum werden, das wünscht sich Soehlke. Er bietet sich dafür auch an, denn über eine Dachterrasse ist er mit dem großen Sitzungssaal verbunden, der sich gut für Veranstaltungen eignet.

Auch draußen, im neuen Park an der renaturierten Ammer, soll sich das Leben abspielen. Weshalb sich Soehlke besonders freute, als er dort neulich nach der Arbeit zwei junge Männer beim Boulespiel traf – und mitspielte. Durch diesen Park schlängelt sich ein Radweg. Mit einem Abzweig zu einer Rampe, die in den Keller führt. Dort können die Mitarbeiter ihre Räder abstellen. Um sich danach, wenn sie länger unterwegs waren, unter der Dusche zu erfrischen. „Wir wollen das Radfahren professionalisieren und ganz von den Autos wegkommen“, erklärt Soehlke dieses Angebot.

Wer sich das Technische Rathaus anschauen möchte, hat dazu am Samstag, 7. Juli, Gelegenheit. Dann ist die offizielle Eröffnung, bei der es auch Führungen gibt.

Die Kosten für Sanierung und Neubau

21,5 Millionen Euro werden Um- und Neubau des Technischen Rathauses in der Brunnenstraße voraussichtlich kosten. 16 Millionen Euro davon sind bereits bezahlt.

Veranschlagt waren zu Beginn 18,5 Millionen Euro. Weil aber wegen der starken Konjunktur die Baukosten allgemein stiegen, lag die Schätzung bald bei 20,2 Millionen Euro. Dann entstanden beim Rohbau Mehrkosten beim Abbruch, Aushub und bei der Gründung. Auch Planungsänderungen und Brandschutzauflagen trieben die Kosten in die Höhe.