Interview · Außenhandel

Anton F. Börner: „Das Land ist berechenbar“

BGA-Präsident Anton F. Börner sieht im Ergebnis der Bundestagswahl große Chancen. Mit einem Kanzler Olaf Scholz könnte er gut leben.

28.09.2021

Von Dieter Keller

Kommt im Wahlkampf selten vor: Die internationale Zusammenarbeit in der Wirtschaft  Der Außenhandel gehört dazu. Foto: Tom Fisk/dpa

Kommt im Wahlkampf selten vor: Die internationale Zusammenarbeit in der Wirtschaft Der Außenhandel gehört dazu. Foto: Tom Fisk/dpa

Mit dem Ergebnis der Bundestagswahl ist Anton F. Börner, der Präsident des Bundesverbands Großhandel Außenhandel Dienstleistungen (BGA), zufrieden. Der Unternehmer sieht ein starkes Signal für Kontinuität, das sei gut für die Wirtschaft.

Katastrophe oder Chance – wie beurteilen Sie als Unternehmer das Ergebnis der Bundestagswahl?

Anton F. Börner: Es gibt die Botschaft an Europa und die Welt: Deutschland ist berechenbar. Wir haben allen radikalen Kräften eine Absage erteilt. Die neue Bundesregierung kommt aus der Mitte der Gesellschaft. Alle sind sich einig, dass Klimaschutz ein zentrales Thema ist. Dieses Mega-Weltproblem kann man nur managen, indem man Forschung und Entwicklung stärkt und Investitionen fördert. Das funktioniert aber nicht mit zusätzlichen Steuern.

Ihre Angst vor der Vermögensteuer ist weg?

Ja, und auch vor Steuererhöhungen. Wir müssen schauen, dass wir Investitionen und Innovationen nicht nur im Land halten, sondern auch verstärkt hierher bekommen. Zur Attraktivität gehört die persönliche Freiheit des Forschers und des Unternehmers, der Risikokapital zur Verfügung stellt. Da hat die Wahl eine klare Ansage gemacht. Im Grunde wurden Stabilität und Kontinuität gewählt.

Könnten Sie mit einem Bundeskanzler Olaf Scholz gut leben?

Zweifellos. Als Finanzminister kennt er sich mit den Weltfinanzmärkten aus, was ein großer Vorteil ist. Er weiß genau: Wenn man's übertreibt, egal in welche Richtung, strafen einen die Finanzmärkte gnadenlos ab, und denen kann sich keiner entgegenstellen.

Welche Koalition fänden Sie gut?

Schwer zu sagen. Die Koalition steht und fällt damit, wie Grüne und FDP miteinander umgehen. Wir haben auf der einen Seite die Klimaschutz-Puristen und auf der anderen die mehr freiheitlich-wirtschaftlich orientierte Stimme. Die beiden müssen eine Brücke bauen und auf den anderen eingehen. Wenn die sich geeinigt haben, muss sich zeigen, ob es mehr Schnittmengen mit der SPD oder mit der Union gibt.

Stärkt das Ergebnis den Unternehmens- und Investitionsstandort Deutschland?

Das kann durchaus sein, wenn FDP und Grüne etwas Vernünftiges daraus machen. Und es kann einen erheblichen Wohlstandsschub geben. Ein Dauerstreit wäre kontraproduktiv.

Könnte eine lange Hängepartie zum Problem werden?

Ich rechne nicht damit, dass es lange dauert, bis wir eine Koalition haben. Damit wäre keinem gedient, weder dem Klimaschutz noch der Wirtschaft.

Was muss die neue Bundesregierung am dringendsten anpacken?

Wir brauchen diese Brücke: Wie managen wir den Klimawandel, und wie stärken wir den Wirtschaftsstandort Deutschland? Freiheit, Entbürokratisierung, Steuersenkungen insbesondere für die Unternehmen, um zu einem modernen attraktiven Land zu werden. Da sind wir ein bisschen ins Abseits geraten. Das gilt auch für die Digitalisierung.

Hat das Wahlergebnis Auswirkungen auf den Export?

Keine negativen, aber auch keine positiven. Es ist ein Ergebnis der Kontinuität. Mittel- und langfristig ist es ein Vorteil, dass Deutschland bunter geworden ist, multikulturell, multilateral, multinational. Das ist gut für uns als Wirtschaftsstandort.

Im Wahlkampf war Wirtschaft kaum ein Thema. Haben Sie das bedauert?

Sehr. Europa und die Weltpolitik haben gar keine Rolle gespielt, obwohl sie existenziell bedeutend sind für unser Land. Aber auch in anderen Ländern werden in Wahlkämpfen nur nationale Themen gespielt. Internationale kommen nicht vor, obwohl die Welt vom internationalen Zusammenleben abhängt. Das Klima ist der beste Beweis. Das schaffen wir nur gemeinsam.

Ist den Menschen zu wenig bewusst, wie wichtig der Außenhandel ist?

Ja. Vermutlich, weil Wahlen etwas sehr Emotionales sind. Da geht es ums Bauchgefühl, und Internationales ist wenig griffig. Selbst deutsche Arbeitnehmer, die ja täglich daran beteiligt sind, dass der Außenhandel floriert, denken privat nicht an die internationale Verflechtung der deutschen Wirtschaft und ihres eigenen Betriebs.

Kurzfristig eingesprungen

Anton F. Börner, Präsident des BGA. Foto: Annett Melzer

Anton F. Börner, Präsident des BGA. Foto: Annett Melzer

Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) vertritt die Interessen von rund 125 000 Unternehmen in Deutschland, Europa und auf internationaler Ebene. Präsident war von 2001 bis 2017 Anton F. Börner. Der 66-Jährige hat sein Familienunternehmen in Ingolstadt, das im Bereich Sanitär- und Heizungsgroßhandel aktiv ist; an seinen Sohn weitergegeben. Vor einem Jahr sprang Börner kurzfristig ein, weil sein Nachfolger das Amt niedergelegt hatte. In einer Woche soll der Berliner Elektrogroßhändler Dirk Jandura zum BGA-Präsidenten gewählt werden. - dik

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Erstellt:
28.09.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 05sec
zuletzt aktualisiert: 28.09.2021, 06:00 Uhr

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