Über den Ärger mit den B 27-Blitzern

Das Gericht nimmt auch die Luxusprobleme ernst

Seit einigen Monaten sorgen die Blitzer auf der B 27 an den Anschlussstellen Walddorfhäslach und Pliezhausen für einigen Ärger und Diskussionen. Und man muss auch ehrlich sagen: So langsam kennt man mehr Leute, die dort geblitzt worden sind, als solche, die sich brav ans Tempolimit gehalten haben.

24.08.2018

Von Nina Schmidt

Die Stelle ist, vor allem für geschwindigkeitsliebende PS-Freaks, etwas kompliziert: Erst eine Baustelle mit Geschwindigkeitsbegrenzung, dann endet die Baustelle, das Limit aber nicht. Es kommt eine Ausfahrt, dann eine Auffahrt, danach geht die Baustelle weiter. Der Autofahrer geht davon aus, dass die Schilder, die noch Tempo 60 anzeigen, vielleicht von der Baustelle übrig sind und noch nicht wieder entfernt wurden. Er tritt aufs Gas, ein grelles Aufflackern – und dann flattert einige Zeit später ein Bußgeldbescheid ins Haus.

In Reutlingen war jetzt der erste solche Fall vor Gericht — vermutlich werden noch einige folgen. Der Beschuldigte wollte seine Geldbuße in Höhe von 70 Euro nicht bezahlen, da man ihn auf dem Bild vom Blitzer nicht erkennen würde: Das Gesicht ist größtenteils vom Rückspiegel verdeckt. Und doch konnte Richter Sierk Hamann den Beklagten durch sein Kinn, seine Ohrläppchen und sein Profil identifizieren. Das Ende vom Lied: Der Beschuldigte muss sowohl das Bußgeld als auch die Prozesskosten bezahlen.

In der kurzen Verhandlung haben sich die Journalisten im Saal gefragt: Geht es hier wirklich um das Geld oder nur um das Prinzip, dass diese Blitzer einfach an einer blöden Stelle stehen und das Tempolimit unnötig erscheint? Es war doch irgendwie klar, dass der Beschuldigte aus der Nummer nicht rauskommt: Denn auf Richter Hamanns Frage, wer denn sonst hinterm Steuer gesessen sein könnte, kam keine Antwort von Beklagtenseite.

Nachdem der widerspenstige Autofahrer jetzt doch zahlen muss, ist nun wenigstens bewiesen, dass auch Petitessen wie dieser 70-Euro-Fall vom Amtsgericht ernstgenommen werden. Vielleicht ist die Aufregung um die Blitzer aber doch etwas übertrieben. Zumal man, genau genommen, kaum Grund hat, sich zu beschweren: Die Blitzer messen richtig, da sie geeicht sind, und es gibt auch kein Schild, mit dem das Tempolimit wieder aufgehoben wird. Sie sichern neben den Ausfahrten zudem die Baustellen zusätzlich ab, die sich zum Unfallschwerpunkt entwickelt hatten.

Wenn allerdings unsere größten Probleme sind, dass wir mit teuren Autos, betankt mit teurem Sprit, vom teuren Blitzer erwischt werden und dann nicht bezahlen wollen – dann geht es uns doch wirklich gut.