Borussia Dortmund

Das Bosz-Prinzip: Schwarzgelb völlig losgelöst

Tabellenführer ist nach der 6:1-Gala von sich selbst berauscht, die Fans träumen vom ersten Meistertitel seit 2012. Doch nun kommt der größtmögliche Prüfstein.

25.09.2017

Von SID

In Hochform: Pierre-Emerick Aubameyang erzielte im Duell mit den Gladbachern drei Tore, nach sechs Spielen hat er in dieser Saison bereits acht Treffer auf dem Konto. Foto: afp

In Hochform: Pierre-Emerick Aubameyang erzielte im Duell mit den Gladbachern drei Tore, nach sechs Spielen hat er in dieser Saison bereits acht Treffer auf dem Konto. Foto: afp

Dortmund. Curtis Aubameyang hielt den Spielball fest wie einen Schatz. Mit Irokesenschnitt und schwarzer Lederjacke strahlte der fünf Jahre alte Sohn von Pierre-Emerick Aubameyang auf dem Arm seines Vaters, die Fans von Borussia Dortmund sangen dazu euphorisch vom Meistertitel. Sie träumten sogar schon vom Coup gegen Real Madrid.

„Philameyang“, der neue Supersturm aus dem Dreifachtorschützen Aubameyang und dem ebenfalls seit Wochen herausragenden Neuzugang Maximilian Philipp, hat entscheidenden Anteil am Aufstieg zum ernsthaften Titelkandidaten. „Das hätte man sich nicht besser vorstellen können“, schwärmte Weltmeister Mario Götze nach dem 6:1 (3:0) des von sich selbst geradezu berauschten Tabellenführers gegen Borussia Mönchengladbach. Seine pflichtbewusste Warnung: „Doch wir wissen, dass es gegen Madrid am Dienstag eine Mammutaufgabe wird.“

Momentan löst der BVB sämtliche Fesseln und lässt die Euphorie auch zu. Tabellenführung, Traumtore am Fließband, der beste Bundesligastart der Vereinsgeschichte, Standing Ovations schon zur Halbzeitpause – Sportdirektor Michael Zorc nannte das wahlweise „hervorragend“ oder „überragend“.

Die Tiefe im Kader ist trotz prominenter Ausfälle wie Marco Reus, André Schürrle oder Raphael Guerreiro beachtlich: Andrej Jarmolenko, Nuri Sahin, Gonzalo Castro – sie alle hatten keine Sekunde gespielt. Dennoch fegte der BVB die Gladbacher mit einer offensiven Brillanz aus dem Stadion, wie selten zuvor gesehen. „Es war deftig und in der Höhe dennoch verdient“, klagte Nationalspieler Lars Stindl, der immerhin in der 516. Saisonminute als erster ein Tor gegen den BVB geschossen hatte.

Gladbachs Großchancen

Selbst der Twitter-Account der Bundesliga kam gegen Ende nicht mehr mit. Nach dem 6:1 durch einen traumhaften Schuss von Rückkehrer Julian Weigl (79.) wurde dort vermeldet, nun sei „das Dutzend voll“. Ganz so schlimm war es dann doch nicht. Überhaupt wäre es falsch, dem BVB eine rundum glänzende Leistung zu attestieren. Defensive Schwächen waren nicht zu übersehen: Gladbach hatte sieben bis acht Großchancen, die jedoch zumeist kläglich vergeben wurden.

Doch das Spiel und die Tore von Philipp (28./38.), Aubameyang (45./49./62.) und Weigl erzeugten eine Druckwelle, die sicher auch im fernen München zu spüren war. Noch nie hat eine Mannschaft in der Bundesliga nach sechs Spielen eine Tordifferenz von Plus 18 gehabt, der Tormaschine hat bisher kaum ein Gegner etwas entgegenzusetzen.

Der neue Trainer Peter Bosz, stets zurückhaltend, bekundete, es habe „Spaß gemacht“, von der Bank aus zuzuschauen. Die Namen Thomas Tuchel und Ousmane Dembélé beginnen in Dortmund zu verblassen – das ist wohl das beste Anzeichen für eine erfolgreiche Saison. sid