Bei Hymer in Bad Waldsee in Rekordzeit umgebaut

Das Arztmobil ist schon seit gestern in Tübingen und Umgebung im Einsatz

Eine Arztpraxis auf Rädern, so sieht eine Lösung der medizinischen Probleme von Flüchtlingen aus. Die Idee von Notärztin Lisa Federle hat inzwischen Gestalt angenommen. Am Donnerstag wurde das Arztmobil, das die Firma Hymer in Bad Waldsee in Rekordzeit umbaute, nach Tübingen überführt. Schon gestern war die rollende Praxis im Einsatz.

18.12.2015

Von Ulla Steuernagel

Alles neu und sehr kompakt: das Arztmobil im Inneren mit Notärztin Lisa Federle und einem ersten Probepatienten. Unter der Behandlungsliege befindet sich das EKG, hinten links ein Schreibtisch für den Arzt und vorne links ist das Waschbecken, das gerade hochgeklappt ist. Bild: Metz

Alles neu und sehr kompakt: das Arztmobil im Inneren mit Notärztin Lisa Federle und einem ersten Probepatienten. Unter der Behandlungsliege befindet sich das EKG, hinten links ein Schreibtisch für den Arzt und vorne links ist das Waschbecken, das gerade hochgeklappt ist. Bild: Metz

Tübingen. Das Fiat-Modell heißt „Sierra Nevada“ (schneebedecktes Gebirge) und sein Inneres war absolutes Neuland für die Firma Hymer. Mit behindertengerechtem Ausbau hat der Freizeitmobil-Hersteller schon Erfahrung gesammelt, aber zum ersten Mal verließ ein Modell, das eine vollausgestattete Arztpraxis ersetzen soll, das Firmengelände.

Auf wenigen Quadratmetern finden sich im Inneren des Mobils eine Besprechungsecke, eine Behandlungsecke, ein Schreibtisch und eine Umkleidekabine. Die Besprechungsecke entsteht, wenn die vorderen Sitze umgedreht und ein Tischchen zwischen den hinteren Sitzen ausklappt wird. Das ist fürs Campingfrühstück so gut wie für Arzt-und Patienten-Gespräche geeignet. Wo normalerweise eine Dusche ist, gibt es nun eine Umkleidekabine, statt des Bettes eine Behandlungsliege, die Stauräume sind für EKG, Ultraschall mitsamt passender Steckdosen und medizinischem Zubehör vorgesehen. Alles im Fahrzeug ist abwasch- und desinfizierbar, der Boden ist gut zu putzen. Unter dem Fahrzeug ist ein eigener Stromgenerator angebracht, für den Fall, dass es mal keine externe Stromquelle gibt. Die Standfestigkeit des Fahrzeugs wurde durch eine hydraulische Stützanlage erhöht. „Es war ein gewaltiger Aufwand“, sagt Thomas Neubrand, Kfz-Mechanikermeister bei der Firma Hymer. Ein Kraftakt in denkbar knapper Zeit. Genau einen Monat nahm der Umbau in Anspruch – vom 17. November bis zum 17. Dezember.

Und dann fiel dieses „sportliche Vorhaben“ auch noch aufs Jahresende, wenn die Auftragsbücher der Firmen gut gefüllt sind. Doch wem Neubrand das Projekt erklärte, der habe „alles andere liegen lassen und mit höchster Priorität daran gearbeitet“. Unterstützung also allerorten, Neubrand schwärmt: „Das war schön zu spüren.“

Die Firma Hymer gibt das Fahrzeug zum Selbstkostenpreis ab. Als Unternehmen mit starkem regionalen Bezug, so Vorstandsmitglied Jörg Reithmeier, sei es „ein besonderes Anliegen, Bedürftigen hier in der Umgebung zu helfen“.

Spenden kommen auch aus Hollywood

Lisa Federle kann es kaum glauben, in welch kurzer Zeit ihre Idee wahr wurde. Das Rote Kreuz wird das Arztmobil an 16 verschiedene Standorte im Landkreis schicken. Regierungspräsident Jörg Schmidt, ein erfahrener LKW-Fahrer, legte selbst Hand ans Steuer und fuhr den Transporter von Bald Waldsee zur Tübinger Kreissporthalle. Man habe extra ein kompaktes Modell gewählt, damit es auch von Inhabern eines normalen PKW-Führerscheins gefahren werden kann.

Auf der Karosserie des silbernen Fahrzeugs stehen schon einige Sponsoren: außer dem SCHWÄBISCHEN TAGBLATT, dessen Leser/innen in der Weihnachtsspendenaktion schon jetzt tief in die Tasche griffen, werden auch die Til Schweiger Foundation, die Firma Hymer, die Volks- und Raiffeisenbanken und Marccain Moden genannt. Lisa Federle hat noch einen weiteren prominenten Sponsor eingeworben: „Fluch der Karibik“-Regisseur Gore Verbinski hat eine Zusage gemacht. Wie viel der Hollywood-Mann springen lassen wird, das hat er noch nicht verraten.

Absichtlich kompakt: Die rollende Praxis darf man mit normalem PKW-Führerschein fahren. Bild: Metz

Absichtlich kompakt: Die rollende Praxis darf man mit normalem PKW-Führerschein fahren. Bild: Metz

Wofür das Spendengeld verwendet wird

Zuviel Spendengeld kann es gar nicht geben, betont Lisa Federle, denn bei der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen besteht derzeit viel Bedarf. Die 70 000 Euro für das Arztmobil seien von Anfang sehr knapp kalkuliert gewesen. Da die Spendensumme schon jetzt darüber liegt, könne man die Ausrüstung etwa um ein Ultraschallgerät für Kinder aufstocken und auch einen Sondertopf einrichten, aus dem Leistungen bezahlt oder vorgestreckt werden können, die nicht oder erst später übernommen werden. Auch Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern könnten damit finanziert werden.

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Erstellt:
18.12.2015, 21:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 37sec
zuletzt aktualisiert: 18.12.2015, 21:00 Uhr

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