Dallas Buyers Club

Dallas Buyers Club

Homophob und HIV-positiv: Oscar-nominiertes Drama vor dem Hintergrund der Aids-Hysterie in den frühen achtziger Jahren.

19.01.2014

Von Klaus-Peter Eichele

Ohne Vorwarnung wird der Mittdreißiger Ron Woodroof (Matthew McConaughey) mit einer erschütternden Nachricht konfrontiert: Er ist HIV-positiv. Heutzutage wäre das kein Hinderungsgrund für ein noch langes, glückliches Leben, doch der mehrfach Oscar-nominierte Film des Kanadiers Jean-Marc Vallée führt zurück ins Jahr 1985, in die Anfangszeit der Epidemie. Mangels erprobter Medikamente lag die Lebenserwartung der Infizierten bei wenigen Monaten. Betroffen waren zunächst größtenteils Homosexuelle, so dass von einer Schwulenseuche die Rede war.

Nur: Woodroof ist gar nicht schwul, im Gegenteil. Neben dem Rodeo und dem wahllosen Herumvögeln zählt das Ablästern über Schwuchteln zu den Hobbys des allzeit geilen Bocks. Schließlich lebt er in Texas, das in Sachen sexueller Toleranz nicht weit vor Saudi-Arabien rangiert.

Umso härter trifft den Weiberhelden die Diagnose, die ihn bei seinen Redneck-Kumpeln zur Unperson stempelt. Unterkriegen lässt sich Ron davon aber nicht. Weil die von der Pharmaindustrie propagierte Arznei mehr schadet als hilft, macht sich der schon schwer von der Krankheit Gezeichnete auf die Suche nach Alternativen. Als er in Mexiko fündig wird, erwacht neben der Hoffnung auch sein Geschäftssinn. Um das lebensverlängernde, in den USA aber illegale Medikament profitabel im Umlauf zu bringen, muss sich Ron jedoch mit den verhassten Schwulen, schlimmer noch: mit dem anschmiegsamen Transsexuellen Rayon (Jared Leto), verbünden - was ihn erwartungsgemäß alsbald dazu bringt, seine Ressentiments zu überdenken.

Die an der Oberfläche nicht ganz taufrische Entwicklungsgeschichte vom Kotzbrocken, der unter Druck Toleranz und Empathie lernt, erzählt Regisseur Vallée erfrischend originell. Anders als der bisher berühmteste Aids-Film "Philadelphia" ist "Dallas Buyers Club" nicht bloß rührend und tragisch, sondern auch Schelmenkomödie, Gesellschaftssatire und gesundheitspolitisches Lehrstück. Lobenswert ist auch das Unterfangen, die heute schamhaft verdängte Wildwest-Zeit von Aids (als in Deutschland ein gewisser Horst Seehofer gefordert hat, Infizierte "in speziellen Heimen zu konzentrieren") noch einmal vor Augen zu führen.

Wie ein Schwulenhasser lernte, die Regenbogenkultur zu lieben. Aber nur wegen Aids.

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