Creed - Rocky’s Legacy

Creed - Rocky’s Legacy

In seinem siebten Kino-Auftritt als Boxer Rocky will Sylvester Stallone den Sohn eines alten Rivalen zum Champion machen.

10.01.2015

Von tol

Vier Jahrzehnte sind vergangen, seit 1976 der erste Teil einer der legendärsten Film-Sagas in den Vereinigten Staaten in die Kinos kam. „Rocky“ gehört seither nicht nur zu den Klassikern des Box-Films, er erzählt zudem wie kaum ein zweiter Film exemplarisch die Geschichte eines Underdogs, der sich seinen Weg nach oben erkämpft. Auf „Rocky“ folgten fünf Sequels; zuletzt war im Jahr 2007 „Rocky Balboa“ veröffentlicht worden.

Diesmal allerdings steigt Stallone alias Rocky nicht selbst als Boxer in den Ring. Er ist der Trainer eines jungen, von dem Newcomer Michael B. Jordan verkörperten Talents. Erstmals zeichnet Stallone zudem nicht wie bei allen bisherigen „Rocky“-Teilen fürs Drehbuch verantwortlich. Regie führte diesmal der US-amerikanische Regisseur Ryan Coogler, der mit „Fruitvale Station“ erst einen Langfilm veröffentlicht hat.

Adonis Johnson (Jordan), die Hauptfigur des Films, hat seinen berühmten Vater, den Boxer Apollo Creed, nie kennengelernt. Der starb bei einem Kampf im Ring (zu sehen in „Rocky 4“). Adonis aber hat von seinem Dad einiges an Talent mitbekommen. Zu Beginn des Films gibt er den Job bei einem Finanzunternehmen auf, um sich dem Boxen zu widmen.

Johnson reist nach Philadelphia, um sich dort von Rocky (Stallone), dem einstigen Gegner und späteren Freund seines Vaters, zu einem richtigen Fighter ausbilden zu lassen. Aber Balboa hat mit dem Boxsport abgeschlossen und weigert sich zunächst, dem jungen Kämpfer zu helfen. Allmählich entwickelt sich zwischen Rocky, dessen eigener Filius weit entfernt lebt, und Adonis so etwas wie eine Vater-Sohn-Beziehung.

Schließlich wird Rocky doch zu seinem Trainer. Einer steilen Karriere des immer besser boxenden Adonis steht nichts mehr im Weg, sollte man meinen. Da erkrankt Rocky an Krebs. Einer Chemotherapie aber möchte sich der vormalige Starboxer, der schon seine Frau an die Krankheit verloren hat, nicht mehr unterziehen.

Für Fans der „Rocky“-Filme hält „Creed“ einige schöne Reminiszenzen und Gänsehaut-Momente parat. Da sind, einmal ganz kurz, schwarze Chucks zu sehen, so wie sie Balboa schon im ersten Teil aus dem Jahr 1976 trug; der gealterte Rocky trägt sie freilich nicht mehr, so wie einst, zum Joggen. Da ist die immer noch recht bescheidene Wohnung Balboas, zu dessen Interieur wie damals eine Schildkröte gehört. Da ist der kleine Ball, den Balboa so gern mit sich führt.

Viele dieser Erinnerungen kommen ganz unaufdringlich daher, hier beweist Coogler, der erst 29 Jahre zählt, sein Talent. Auch die längst in die Filmgeschichte eingegangene Treppe zu Füßen des Philadelphia Museum of Art (auch bekannt als „Rocky Steps“) kommt wieder zu Ehren. Bei all diesen Anspielungen muss man dem Regisseur zugutehalten, dass es nie zu pathetisch wird.

Selbst die Erkrankung Balboas, die immerhin lebensbedrohlich ist, spielt mehr am Rande eine Rolle. Was nicht zuletzt auch dem altersweisen und trockenen Humor Balboas, respektive Stallones, zu verdanken ist. Im Juli wird Sylvester Stallone, von seinen Fans liebevoll „Sly“ genannt, 70 Jahre alt. Man sieht dem Schauspieler, der von der Kritik ob seiner darstellerischen Fähigkeiten nicht immer gänzlich ernst genommen wurde, ein jedes dieser Jahre an. Wenigen Darstellern allerdings ist ein derart entspannter und selbstironischer Umgang mit der eigenen Hinfälligkeit gegeben wie Stallone.

Auch diesem Film kommt das sehr zugute: Balboa trägt zwar die ihm seit jeher eigene Aura von Melancholie mit sich herum, larmoyant oder weinerlich aber ist er zu keiner Zeit. Schön zu sehen ist das etwa in der wunderbaren Szene, die Balboa Zeitung lesend vor den Gräbern seiner geliebten Frau Adrian und seines Kumpels Paulie zeigt.

Es ist erstaunlich, mit welch großer Selbstverständlichkeit ein so junger Regisseur wie Coogler mit einer von so vielen verehrten Reihe wie „Rocky“ umgeht. Ein stets zwar respektvoller, aber doch auch erfrischender Umgang mit einer in die Jahre gekommenen Legende. Statt Bill Contis teils melancholischer Musik von 1976 etwa gibt es diesmal viel Rap zu hören; überhaupt ist „Creed“ recht stark in der afroamerikanischen Kultur verwurzelt, auch der Regisseur selbst ist Afroamerikaner.

Der sehr gelungene „Creed“ wird zwar wohl keinen Oscar holen in der Kategorie „Bester Film“, dafür gibt es zu viele andere starke Filme. Stallone aber kann sich durchaus Chancen ausrechnen in der Nebendarsteller-Kategorie. Verdient hätte der Haudegen die Auszeichnung ob seiner so lässigen wie anrührenden Performance als Rocky Balboa in „Creed“.