Tübingen · Gastronomie

Craft-Beer-Brauer übernehmen den Casino-Biergarten

Der Tübinger Casino-Biergarten öffnet am 3. Juli wieder. Die Inhaber der Craft-Beer-Brauerei Freistil haben ihn bis Ende Oktober gepachtet. Sie planen ein Konzept, von dem viele Wirte profitieren sollen.

24.06.2020

Von Moritz Hagemann

Richard Marcic (links) und Thomas Feger übernehmen vorerst den Casino-Biergarten. Archivbild: Uli Rippmann

Richard Marcic (links) und Thomas Feger übernehmen vorerst den Casino-Biergarten. Archivbild: Uli Rippmann

Es ist zweifelsfrei einer der schönsten Biergärten der Stadt: direkt an der Neckarspitze, fußläufig zur Altstadt. Und doch war dieses Plätzchen verwaist, nachdem die Pächter des damaligen Bootshauses im Herbst 2019 aufgegeben hatten (wir berichteten).

Die städtische Wohnbaugesellschaft GWG als Inhaber suchte in Kooperation mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft jemanden, der zumindest den Biergarten in der Wöhrdstraße von 1. Juli bis 31. Oktober betreiben soll – auf diese Zeit ist der Pachtvertrag begrenzt. Gefunden hat sie Richard Marcic und Thomas Feger. Die beiden brauen seit 2017 Craft Beer im Brauwerk Freistil im Französischen Viertel und wollen sich jetzt einen Namen machen: „Wenn wir am Ende auf Null rausgehen, aber dafür bekannter werden“, sagt Marcic auf Nachfrage, „dann sind wir zufrieden.“

Entsprechend ist das Konzept angelegt. „Wir wollen auch Kontakte knüpfen“, erzählt der gebürtige Neuseeländer, aus dessen Heimatland es auch Speisen geben soll. Doch die Freistil-Jungs kümmern sich vor allem um die Getränke, wollen sechs Biersorten vom Fass anbieten und mit weiteren kleineren Brauereien zusammenarbeiten.

Dafür sollen andere Gastronomen aus der Region die Möglichkeit bekommen, im Biergarten ihre Speisen zu verkaufen – bevorzugt am Wochenende und eventuell mittels Foodtrucks. Nachdem das Duo erst in der vergangenen Woche den Zuschlag erhalten hatte, führe man derzeit viele Gespräche. „Wir müssen jetzt planen, wer wann dran ist“, sagt Marcic. Er versichert, dass die Gastronomen ihre Einnahmen behalten dürfen und lediglich eine Beteiligung am Personal leisten müssen. Fünf Partner sind schon dabei. In der Corona-Krise sei das eine Chance für die leidende Branche.

Der leere Biergarten noch vor einigen Jahren zu Casino-Zeiten. Archivbild: Ulrich Metz

Der leere Biergarten noch vor einigen Jahren zu Casino-Zeiten. Archivbild: Ulrich Metz

Marcic und Feger wollen auch Stocherkahn-Fahrende ins eigene Boot holen, in dem sie beispielsweise die Toilette für sie öffnen oder spezielle Angebote schnüren. 120 Menschen sollen im Biergarten Platz finden. Liegestühle und Paletten-Sofas soll’s jedenfalls geben, „ein bisschen eine Strandatmosphäre“ und manchmal Live-Musik, kündigt Marcic an.

Und die Planung läuft unter höchstem Zeitdruck: Die Inhaber brauten zwei Tage durch, beschafften einen Tag lang Kies und Sand. Durch die Lockerung der Corona-Maßnahmen ergab sich eben recht kurzfristig die Möglichkeit. Allerlei zu klären mit mehreren Kammern und Ämtern gab es obendrein. „Alle sind unfassbar hilfsbereit und entgegenkommend“, berichtet Feger, „aber natürlich dauern die meisten dieser Vorgänge im Normalfall eigentlich viel länger. Und durch Corona ist manches derzeit organisatorisch auch komplizierter als sonst.“

Dass die große Immobilie seit Monaten leer steht und dann die Corona-Krise kam, „war für uns natürlich auch nicht ideal, wir haben Kosten, müssen ein Darlehen bedienen“, sagt GWG-Geschäftsführer Uwe Wulfrath. „Aber aktuell geht es nicht darum, etwas zu verdienen, uns reicht es, auf Null herauszukommen. Wir wollten wirklich auch gern etwas tun, um den gebeutelten Tübinger Gastronomen zu helfen.“

Die GWG hatte für den Biergarten eine Mindestpacht von monatlich 500 Euro, eine Nebenkostenpauschale sowie „die Angabe eines Umsatz-Prozentsatzes, der vom Pächter als Pacht angeboten wird“ in der Ausschreibung erwartet. Eine Handvoll Bewerber habe es nun gegeben, heißt es von Seiten der GWG. Besichtigungen seien es noch mehr gewesen. Marcic und Feger bekamen den Zuschlag, weil sie sich am meisten Mühe gaben, die Netzwerk-Idee umzusetzen.

Wie es mit dem Casino langfristig weitergeht, ist unabhängig vom Sommer 2020 im Biergarten. Das Restaurant oben bleibt erst einmal geschlossen.