Tübingen · Corona-Ausbruch

Schwerstkranke am Uniklinikum infiziert

Auf der Palliativstation des Universitätsklinikums Tübingen gibt es mehrere Fälle von Covid-19. Bisher mit milden Verläufen.

19.05.2020

Von Lisa Maria Sporrer

Der Wartebereich der Radioonkologie am Tübinger Uniklinikum. Archivbild: Ulrich Metz

Der Wartebereich der Radioonkologie am Tübinger Uniklinikum. Archivbild: Ulrich Metz

Seit Montag ist ein Aufnahmestopp für die Stationen 40 und 41 der radioonkologischen Universitätsklinik verhängt worden. Auf den beiden Stationen werden Palliativpatienten behandelt, schwerstkranke Menschen, deren Körper sich nun nicht nur mit ihrer eigentlichen Krankheit, sondern zusätzlich auch noch mit dem Coronavirus auseinandersetzen müssen.

Sieben von den insgesamt 12 Patienten, die im UKT momentan in Palliativbehandlung sind, wurden positiv auf Sars-Cov-2 getestet. Insgesamt 150 Patienten und Mitarbeiter wurden seit vergangenen Freitag auf das Virus getestet, nachdem sich ein Tag zuvor der Corona-Verdacht eines Mitarbeiters der Radioonkologie bestätigte. Dadurch, dass dieser Mitarbeiter direkt nach Auftreten der ersten Symptome einen Corona-Test machen ließ, habe Schlimmeres verhindert werden können, sagte Prof. Daniel Zips, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Radioonkologie.

Nach seinem Testergebnis am vergangenen Donnerstag informierte der Mitarbeiter sofort die Klinikleitung, diese wiederum leitete umgehend ein flächendeckendes Screening auf das Coronavirus bei allen Mitarbeitenden und Patienten auf den Stationen 40 und 41 ein. Mittlerweile spricht die Klinikleitung, die am gestrigen Dienstag kurzfristig eine Videokonferenz abhielt, von fünf infizierten Mitarbeitenden und sieben infizierten Patienten. Das Erstaunliche sei gewesen, dass bei allen positiv Getesteten zum Zeitpunkt des Ergebnisses keine Symptome vorhanden waren. Das spreche dafür, dass die Klinik konsequent und schnell gehandelt habe, sagt Jan Liese, Leiter der Krankenhaushygiene.

Den fünf positiv getesteten Mitarbeitenden, die sich nun in häuslicher Quarantäne befinden, gehe es gut. Drei der positiv getesteten Patienten haben mittlerweile Erkältungssymptome und teils Fieber bekommen und wurden auf die Covid-Station des UKT verlegt. „Keiner dieser Patienten liegt aber auf der Intensivstation“, sagt Zips. Ebenfalls erstaunlich, weil die Schwerstkranken über keine gute Immunabwehr verfügen und damit Hochrisikopatienten sind. Außerdem handele es sich bei den infizierten Patienten um vorwiegend alte Patienten, so Zips. „Aber es ist noch zu früh zu sagen, welche Verläufe es geben wird.“ Daten aus anderen Ländern würden aber Hoffnung machen, dass es bei Patienten mit einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung nicht zwangsläufig zu einem schlimmen Verlauf der Covid-19-Erkrankung kommen müsse, sagt Zips.

Regelmäßige Testungen in Abständen von ein bis drei Tagen sollen nun zeigen, ob sich weitere Personen infiziert haben. Ausgeschlossen sei das nicht, wie Liese berichtet: Eine Patientin sei erst nach mehreren Tagen bei einem zweiten Test positiv getestet worden. Bei einer Inkubationszeit von bis zu zwei Wochen könne es durchaus sein, dass es noch weitere positive Fälle geben wird.

Alle Klinikmitarbeiter jetzt flächendeckend zu testen, mache aber aus diesem Grund keinen Sinn, so Liese. Seit einiger Zeit werden in der Klinik aber Mitarbeiter präventiv und stichprobenartig getestet, die auf Stationen arbeiten, auf denen Risikopatienten liegen. Das wolle man auch so beibehalten. Auf der Radioonkologie mit seinen 38 Betten seien die beiden betroffenen Stationen (23 Patienten) und alle Mitarbeiter, die dort arbeiten, getestet worden.

Wo sich der Mitarbeiter, der als erstes Symptome entwickelt hat, angesteckt hat, vermag die Klinikleitung aber nicht zu sagen. Dass die Krankheitsverläufe, auch bei den Patienten, bisher milde seien, sei auch dem schnellen Handeln des Mitarbeitenden und der Transparenz zu verdanken, mit dem alle Beteiligten damit umgegangen seien, sagt Prof. Michael Bamberg, Leitender Ärztlicher Direktor des UKT.

Ein bisschen Wehmut schwingt bei ihm dann aber doch mit: „In den vergangenen Wochen hatten wir eigentlich einen sehr erfreulichen Rückgang bei uns zu verzeichnen“, sagt er. Am Montag meldete das UKT 21 mit dem Coronavirus infizierte Patienten, 12 davon auf der Intensivstation. Zu Spitzenzeiten seien es an die 90 Patienten gewesen, so Bamberg.

Milde Verläufe, Ausweichmöglichkeit und keine Sorge

Eine der Patientinnen, die auf der Palliativstation versorgt und positiv getestet wurde, konnte am vergangenen Freitag sogar in die häusliche Quarantäne entlassen werden. Ihre Behandlung in der Klinik sei ohnehin abgeschlossen gewesen und sie habe keine Symptome entwickelt, sagte Prof. Daniel Zips. Weil momentan keine neuen Patienten zur Palliativbehandlung in das UKT aufgenommen werden können, werde man im Zweifelsfall auf die gute Kooperation mit der Tropenklinik Paul-Lechler-Krankenhaus zurückkommen müssen, so Zips. „Alle unsere Patienten, ob stationär oder ambulant, brauchen sich aber keine Sorgen zu machen“, sagt Prof. Michael Bamberg. Die Coronavirus-positiven Patienten seien räumlich klar von den übrigen Patienten getrennt.

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Erstellt:
19.05.2020, 14:31 Uhr
Aktualisiert:
19.05.2020, 20:27 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 09sec
zuletzt aktualisiert: 19.05.2020, 20:27 Uhr

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