Rottenburg

Corona-Tagebuch: Martin Norz

In unserer Kolumne schreibt heute Erzieher Martin Norz.

23.06.2020

Von Martin Norz

Martin Norz. Bild: Angelika Bachmann

Martin Norz. Bild: Angelika Bachmann

Ich arbeite seit vier Jahren in einem naturnahen Kinderhaus in Tübingen. Während der Corona-Krise war unser Haus acht Wochen lang geschlossen. Seit einigen Tagen sind die Kinder wieder bei uns. Alle waren total glücklich, dass es wieder los ging.

Die Eltern berichten uns von wieder ausgeglichenen Kindern. Klar, Kinder brauchen Kinder, den Garten, den Wald und die Wiesen, um stark und sozial kompetent zu sein und heranzuwachsen. Zu glauben, digitale Kommunikation und digitales Lernen, wie es jetzt überall für die Zukunft angedacht ist, wäre ein auch nur im Ansatz adäquater Ersatz, ist ein Witz.

An der Tastatur aufs Knöpfchen drücken und – zauber, zauber – es passiert was, hat nichts mit echter Handlungsfähigkeit zu tun und trägt auch null dazu bei, ebensolche zu erlangen. Im Gegenteil. Wir müssen in der Ausbildung unserer Kinder wieder weg vom Bildschirm. Kinder müssen erfühlen, befassen, riechen und von Angesicht zu Angesicht mit Menschen kommunizieren, um zu lernen und eine Persönlichkeit zu werden.

Angesichts der dringend anstehenden Veränderungen unserer Lebensumwelt (Klimaschutz, Müll, Flüchtlingsproblematik, Ernährung…) braucht es für die Zukunft fähige, frei denkende Menschen. Unsere ureigene Lebenswelt ist die Natur, unsere besondere Fähigkeit ist das Mitfühlen, die Kooperationsfähigkeit und das zukunftsorientierte Denken. Das lernt man nicht an der „Kiste“.