Jenny Wolf will den deutschen Eisschnelllauf aus der Krise führen

Coole Talentschmiedin

Einst war sie die schnellste Frau auf dem Eis, künftig gibt Jenny Wolf ihr Wissen an den Nachwuchs weiter. Dabei will sie den deutschen Eisschnelllauf aus der Krise führen. Eine neue Heimat hat sie auch gefunden.

11.12.2015

Von SWP

Jenny Wolf räumte zu ihrer aktiven Zeit im Weltcup-Zirkus auf dem Eis einiges ab. Jetzt will sie ihr Wissen an die Kinder und Jugendlichen weitergeben. Foto: Eibner

Jenny Wolf räumte zu ihrer aktiven Zeit im Weltcup-Zirkus auf dem Eis einiges ab. Jetzt will sie ihr Wissen an die Kinder und Jugendlichen weitergeben. Foto: Eibner

Inzell. Bei ihrem Abschied im März vergangenen Jahres kam für Jenny Wolf eine Trainerlaufbahn noch nicht in Frage. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die einst schnellste Eissprinterin der Welt hat im Herbst eine Ausbildung an der Trainer-Akademie in Köln aufgenommen und möchte der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) mit Blick auf Olympia 2022 aus der Krise helfen. "Ich war als Athletin Weltklasse. Und natürlich ist es mein Ziel, künftig Talente einmal dorthin zu bringen, wo ich einst war", verriet die fünfmalige Eisschnelllauf-Weltmeisterin ihre Visionen.

Natürlich ist sich die Berlinerin im Klaren, dass der deutsche Eisschnelllauf so rasch nicht den Weg aus dem tiefen Tal finden wird. Aber auf längere Sicht ist sie sich sicher, etwas zu erreichen. "Es ist doch kein Geheimnis, dass es derzeit an Topleuten mangelt. Talente müssen unbedingt wieder besser gefördert werden, damit die Riesen-Lücke vielleicht in acht bis zehn Jahren wieder geschlossen wird. In drei, vier Jahren ist das nicht getan", sagt die 36-Jährige, die seit Oktober eine kleine Wohnung in der Nähe der Inzeller Max-Aicher-Arena bewohnt.

Ein Grund, warum die Ur-Berlinerin sich nun im fernen Inzell und nicht in ihrer Heimat dem Eis-Nachwuchs widmet, ist ihr Mann Oliver.

Nach einem Studium im kanadischen Toronto arbeitet der Bundeswehr-Offizier nun im Panzer-Bataillon in Pfreimd/Oberpfalz. "Es ist ein ganzes Stück weg von Inzell, aber doch nicht soweit wie von Berlin. Außerdem brauchte ich auch mal eine Luftveränderung", meinte Jenny Wolf.

Nachdem sie im vergangenen Jahr in Toronto auf mehreren der 50 Eisbahnen für die Stadtverwaltung arbeitete und Kindern das Eislaufen beibrachte, wuchs der Gedanke, vielleicht doch in Richtung Trainer-Laufbahn zu gehen. Während ihrer aktiven Zeit mit 104 Podestplatzierungen, 61 Strecken- und zehn Gesamtsiegen im Weltcup und dem inoffiziellen "Weltrekord" von 13192 Weltcup-Punkten hatte die pfiffige Berlinerin schon zwei Studiengänge in Germanistik/Soziologie sowie Wirtschafts-Ingenieurwesen erfolgreich abgeschlossen.

"Jenny ist eine Persönlichkeit, die von vielen Sportlern und natürlich auch bei uns hoch anerkannt ist. Ich freue mich sehr, dass sie diesen Schritt geht", meinte DESG-Sportdirektor Robert Bartko anerkennend. "Sie hat schon bei den Gesprächen und den ersten Stunden an der Bande durch fachliche Kompetenz beeindruckt", fügte er hinzu.

"Für viele war diese Entscheidung überraschend, auch ich hätte vor einem Jahr nicht geglaubt, dass mich mein Weg wieder zurück zum Eisschnelllaufen führen wird", gibt Wolf zu. Aber sie gesteht auch: "Ich muss noch viel lernen."

Und sie weiß schon nach wenigen Wochen, wie anstrengend der Trainerberuf sein kann. "Man muss alles geschickt koordinieren, um nicht mal ein Burn-out zu erleiden." Vier Tage im Monat verbringt sie derzeit an der Akademie in Köln, in der restlichen Zeit betreut sie als Assistentin Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen bis hin zur Junioren-Auswahl.

"Für mich gilt es, in den nächsten Monaten und Jahren Erfahrungen zu sammeln, dabei aber nicht die Denk- und Herangehensweisen zu vergessen, die mich zu meinen fünf Weltmeistertiteln, drei Weltrekorden und Olympia-Silber geführt haben", erklärte sie. Dabei hatte sie 2010 den zweiten Olympia-Platz eher als Niederlage gewertet, weil sie als haushohe Favoritin nach Vancouver gereist war.

Erst Monate später stellte sich der Stolz auf ihren Erfolg ein. Ein großes Vorhaben blieb der sympathischen Berlinerin in ihrer Super-Karriere versagt: Als Erste wollte sie über 500 Meter unter 37 Sekunden bleiben. Mit 37,02 und 37,00 Sekunden schrammte sie bei ihren Weltrekorden ganz dicht an der "Schallmauer" vorbei.