Kommentar
Causa Cannabis: Verboten, weil illegal
Die Zeit scheint reif. Legalisierungsbefürworter im ganzen Land melden sich vermehrt zu Wort. Ihr Credo: „Gebt das Hanf frei.“ Im Berliner Stadtteil Kreuzberg-Friedrichshain macht sich die grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann jetzt für Coffeeshops stark, die geringe Mengen an registrierte Konsumenten verkaufen sollen. Dadurch will sie den Schwarzmarkthandel im Görli (Görlitzer Park) und auf den Straßen eindämmen.
Jetzt ziehen einige Gemeinderäte in Tübingen nach: Sie wollen einen „Runden Tisch Cannabis“ initiieren und ein Projekt zur kontrollierten Abgabe starten. Solche Forderungen sind salonfähig geworden, Vorstöße dieser Art keine Seltenheit mehr. Bürokratisch-sachlich oder PR-tauglich und subtil wie im Youtube-Video von Cem Özdemir. Bei der Ice-Bucket-Challenge präsentierte sich der Grünen-Bundesvorsitzende mit Cannabispflanze im Hintergrund. Er erntete viel Applaus – die Androhung strafrechtlicher Konsequenzen löste einen Shitstorm aus.
Doch die Bundesregierung stellt sich weiterhin quer. Die Drogenbeauftragte der Großen Koalition, Marlene Mortler (CSU), antwortete dem Youtube-Kanal „Jung und Naiv“ auf die Frage, warum Alkohol erlaubt und Cannabis verboten sei: „Weil Cannabis eine illegale Droge ist. Punkt.“ Verboten, weil verboten also.
Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte ihre restriktive Haltung zuletzt beim Interview mit Youtube-Jungjournalist „LeFloid“. Gründe nannte sie nicht. Doch eine Herzensangelegenheit schien ihr dieses Thema auch nicht zu sein – möglich also, dass die Kanzlerin bei entsprechender Stimmung im Land und vielversprechendem Sympathiegewinn einknickt.
Klar ist: Cannabis dürfte auch nach einer Legalisierung nicht verharmlost werden. Es bliebe eine Droge, deren übermäßiger Konsum zu Abhängigkeit führt. Dem Konsumenten droht physisches und psychisches Leid. Doch diese Folgen hat auch übermäßiger Alkoholkonsum – einigen Studien und dem Augenschein zufolge sogar viel stärker ausgeprägt.
Das zweite Lieblingsargument der Legalisierungsgegner ist hingegen längst entkräftet: Cannabis ist nur deshalb eine „Einstiegsdroge“, weil der Schwarzmarktdealer, der das Gras verkauft, oft auch Speed oder Ecstasy im Angebot hat. Eine Legalisierung würde hingegen den Schwarzmarkt eindämmen, eine bessere Prävention ermöglichen und viel Geld in die Steuerkassen spülen.
Eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene und der Verkauf nur mit Lizenz wären weitere Bedingungen für eine sinnvolle Legalisierung. So könnten gefährliche Streckmittel verhindert werden. Man sieht es beim Alkohol: Keiner kauft seinen Schnaps auf dem Schwarzmarkt und riskiert eine Methanol-Vergiftung, wenn er sauberen Stoff im Supermarkt kaufen kann. Lieber Gemeinderat: Gönn doch dem Alt-CDU-Stadtrat Albrecht Kühn und seiner Frau den ersehnten Joint – und zwar legal. Lorenzo Zimmer