Café Belgica

Café Belgica

Zwei ungleiche Brüder machen mit exzessiven Folgen aus einer heruntergekommenen Bar eine coole Disco.

24.02.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Die Kloschüsseln laufen über und zu später Stunde fliegen die Fäuste. So präsentiert sich eingangs das titelgebende Etablissement im Herzen der belgischen Provinzstadt Gent. Und so wäre es wohl auch geblieben, wenn dem jungen Kneipenwirt Jo nicht nach langer Funkstille sein älterer Bruder über den Weg gelaufen wäre.

Dieser Frank möchte unbedingt nochmal Rock’n’Roll in sein Leben als Gebrauchtwagenhändler bringen. So überredet er Jo, die Saufspelunke zur ambitionierten Szenekneipe mit DJs und Livemusik aufzumöbeln. Dank Franks organisatorischem Talent und Jos Street Credibility geht der Plan auf, und schon am Eröffnungstag quillt der liebevoll renovierte Schuppen vor begeisterter Kundschaft über.

Der erste Teil des Films von Felix van Groeningen („Die Beschissenheit der Dinge“, „The Broken Circle“) schildert ansteckend die Euphorie, die das anfangs mehr gemeinnützig als kommerziell ausgerichtete Projekt bei allen Beteiligten – Betreibern, Belegschaft und Partygängern – auslöst. Obwohl die Geschichte zugunsten ziellosen Mäanderns durchs Clubleben mitunter fast zum Stillstand kommt, wird es nie langweilig. Dafür sorgt schon der furios vielfältige Soundtrack, der an sich Unvereinbares wie Brass Rock, House und Experimental-Jazz in Einklang bringt – wobei sämtliche Live-Acts von der belgischen Band Soulwax gespielt werden.

Danach ändert der Film rabiat die Richtung. Drogen, Gier und Sexeskapaden bringen, in unterschiedlichem Ausmaß, die üblen Charakterseiten von Jo und Frank zum Vorschein. Echte und vermeintliche Sachzwänge sorgen dafür, dass die Ideale der Aufbruchszeit nach und nach über Bord gehen. Auch das Zerwürfnis zwischen den Brüdern lässt nicht lange auf sich warten. Im Fall von Frank nimmt der Kater nach dem Rausch sogar das Kaliber eines Höllentrips an – das ist dann vielleicht ein bisschen dick aufgetragen in dieser ansonsten sehr authentischen und unaufgeregt erzählten Geschichte vom Aufstieg und Niedergang eines Clubs.

Vom sympathischen Träumer zum gewöhnlichen Arschloch – so läuft das halt in der Szene.