Parteien

CDU: Blick nach vorn

Aufstehen, Krönchen richten: Auf ihrem Landesparteitag will die CDU ein Signal des Aufbruchs senden – und die Niederlage ihres Favoriten für den Bundesvorsitz hinter sich lassen.

20.01.2021

Von ROLAND MUSCHEL

Regelmäßige Besuche: CDU-Landeschef Thomas Strobl (rechts) und Parteichef Armin Laschet im Januar 2020. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Regelmäßige Besuche: CDU-Landeschef Thomas Strobl (rechts) und Parteichef Armin Laschet im Januar 2020. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Stuttgart. Ausgerechnet in Stuttgart wird Armin Laschet an diesem Samstag seine erste große Rede als neuer Bundesvorsitzender der CDU halten. Als Gastredner des digitalen CDU-Landesparteitags, der aus den Stuttgarter Wagenhallen gestreamt wird, hat er so die Chance, auch die Zweifler an der von Nordwürttemberg bis Südbaden zugeschalteten Basis zu überzeugen. Auf dem CDU-Bundesparteitag, schätzt ein hochrangiger Parteifunktionär, dürften etwa zwei Drittel der 153 baden-württembergischen Delegierten für Laschets Konkurrenten Friedrich Merz gestimmt haben, der auch der erklärte Favorit von Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann und CDU-Landeschef Thomas Strobl war.

„Natürlich sind einige enttäuscht. Aber allen ist klar, dass jetzt Geschlossenheit zählt. Das Spiel findet fortan im Spielfeld des Gegners statt“, sagt CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart. Wenn Armin Laschet etwas besonders gut könne, dann integrieren. Er traue ihm zu, die CDU gut durch das Superwahljahr zu führen. „Wer NRW führt, ist kein Anfänger“, bricht auch der CDU-Landtagsabgeordnete und frühere Agrarminister Willi Stächele, der Merz gewählt hat, eine Lanze für Laschet. Er habe den neuen CDU-Bundeschef bereits eingeladen, für ein digitales Mittelstandsforum in seinen Wahlkreis zu kommen.

Selbst die Breite des Landesverbands scheint sich mit Merz' Niederlage abgefunden zu haben. „Wir sind stabil“, berichtet der Generalsekretär der Südwest-CDU, Manuel Hagel, nach einer digitalen Kreisgeschäftsführerkonferenz am Dienstag. Danach verzeichnen die Kreisverbände seit dem Wochenende vereinzelte Austritte – zugleich aber auch Neueintritte. Der Flurschaden innerhalb des Landesverbands scheint damit überschaubar zu sein.

Auf Bundesebene wäre die CDU Baden-Württemberg, deren Einfluss in Berlin der Größe des Landesverbands bei weitem nicht entspricht, mit Merz als Sieger vermutlich besser gefahren. Schließlich hat sonst kein Landesverband so lautstark für den Sauerländer getrommelt. Zugleich haben Stuttgarter Emissäre, um einer möglichen Niederlage ihres erklärten Favoriten vorzubauen, seit Wochen in die anderen CDU-Landesverbände hinein kommuniziert, dass das aggressive Werben der „Werteunion“ für Merz nicht der Tonlage der Südwest-CDU entspricht.

Ob Eisenmann mit Merz als Bundeschef im Landtagswahlkampf besser gefahren wäre, ist selbst parteiintern umstritten. Mit dem Sauerländer an der Spitze hätte die Basis wahrscheinlich besser motiviert werden können. Die Merz zugeschriebene Wirtschaftskompetenz hätte der Südwest-CDU in einem Wahlkampf, in dem die wirtschaftlichen Perspektiven ein immer größeres Thema werden, ebenfalls helfen können. Andererseits hat sein Profil noch nie so richtig zur Wahlanalyse der Stuttgarter Parteizentrale gepasst, wonach die CDU die Wahl in der Mitte der Gesellschaft gewinnen und sich mehr öffnen muss.

Laschet und Eisenmann haben ein gemeinsames Interesse: den Erfolg der CDU bei der Landtagswahl am 14. März 2021. Für den neuen Bundeschef wäre es ein gelungener Auftakt ins Superwahljahr, für die Stuttgarter Spitzenkandidatin ist ein Sieg essentiell. Deshalb werden in Stuttgart nun die Verbindungen hervorgehoben. Etwa dass Laschet seit vielen Jahren in Hagnau am Bodensee Urlaub macht, wo ihn CDU-Landeschef Thomas Strobl regelmäßig besucht. Oder dass die einflussreiche Chefin des schwäbischen Maschinenbauers Trumpf, Nicole Leibinger-Kammüller, Mitglied in Laschets Corona-Beraterstab ist. Vor allem aber argumentieren die Spitzen der Südwest-CDU gegenüber der Basis nun, dass Laschet in Nordrhein-Westfalen eine gute Wirtschaftspolitik mache.

„Die Stimmung ist gut, wir gehen mit dem Ergebnis konstruktiv um. Jetzt geht es darum, gemeinsam die Wahl am 14. März in Angriff zu nehmen“, gibt Spitzenkandidatin Eisenmann als Losung aus. Die Niederlage ihres Favoriten Merz kann sie aber so wenig freuen wie die Tatsache, dass der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann ihr als Kultusministerin untersagt hat, schon in dieser Woche Kitas und Grundschulen wieder zu öffnen. Die jüngste Umfrage dagegen kommt Eisenmann zupass: Laut den Daten des Instituts Insa liegt die CDU mit den Grünen gleichauf, während das Institut Infratest dimap regelmäßig die Ökopartei vorne sieht. „Es gibt keinen Grund für Übermut, aber auch keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken“, ordnet Eisenmann die Zahlen ein. Sie wird am Samstag versuchen, ein Signal des Aufbruchs zu setzen und die Hauptpunkte des Wahlprogramms herauszuarbeiten – auch, um nicht allein über das strittige Bildungsthema wahrgenommen zu werden. „Die Botschaft des Parteitags soll lauten: Wir sind gerüstet für die Post-Corona-Zeit und haben konstruktive Ideen für das Land“, sagt Hagel.