Brüllaffen

Claudia Leuze, Kreisvorsitzende des Dehoga, übte im TAGBLATT-Interview Kritik am Tübinger Umgang mit dem Tourismus und nannte Verbesserungsmöglichkeiten („Eine Koordinationsstelle fehlt“, 14. September).

26.09.2018

Von Gerhard Oberlin

Wenn die werte Frau Claudia Leuze, Hotelière des 5-Sterne-Stadtrandhotels Ambiente LaCasa, im TAGBLATT-Interview den Tübinger Innenstadtbewohnern ein Bedürfnis nach „Friedhofsruhe“ unterstellt, wo diese doch nächtens einfach nur mal gelegentlich schlafen wollen, dann zeigt die Dame, dass sie Geschäftsfrau zwar sein mag, aber Mitbürgerin und gar Mitstreiterin im Problemdiskurs gewiss nicht. Da gegen Gesundheitsansprüche kein Argument aufzufinden ist, greift sie in die rhetorische Trickkiste und setzt Elementarbedürfnisse der Anwohner schlicht auf die Indexliste.

Was aber fangen Sie, Frau Leuze, in und mit einer Stadt an, die sich im Innenstadtbereich durch Wegzüge der Bürger, Schlafstörungen oder einfach nur Unbehagen an der Dauerpartykultur de-vitalisiert, statt „lebendig“ zu bleiben? Sie haben schon eine merkwürdige Vorstellung von „lebendig“, wenn sie Radau, Krawall, Gebrüll, Gesaufe – kurz: schlechtes Benehmen (das Sie in Ihrem Edelhotel nicht akzeptieren würden) für die Voraussetzungen von „Lebendigkeit“ halten. Hauptsache die Umsatzzahlen der Gastronomen (deren Sie eine sind) stimmen, nicht wahr?

Ihr unübersehbares Privatinteresse passt allerdings zu den nächtlichen Brüllaffen, die sich gern schreien hören, um ein paar Phonwellen zu machen. Es hat in dieser Stadt, so sie noch auf sich hält, vorerst noch nichts zu suchen! Zumal Sie ja auch nicht in deren Problemzonen wohnen. Haben Sie sich einfach nur in der Stadt geirrt?