Tübingen
Beschlossen: Eine Brücke allein für Fahrradfahrer
Der Tübinger Gemeinderat beschließt eine reine Fahrradbrücke im Westen von der Wilhelm-Keil-Straße zum Anlagenpark.
Auch in der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause war der Hauptstreitpunkt die Nutzung und damit Breite der Brücke. Beschlossen wurde bei vier Neinstimmen und drei Enthaltungen aus Linken-Fraktion und Tübinger Liste die vier Meter breite reine Fahrradbrücke. Zuvor war ein Antrag der Linken auf eine 5,55 Meter breite Brücke für Radfahrer und Fußgänger mit 16 Ja-Stimmen aus Tübinger Liste, CDU, Linker, „Fraktion“ und FDP und 22 Nein-Stimmen aus AL/Grünen, SPD und Tübinger Liste abgelehnt worden. Die Variante koste eine Million Euro mehr, hatte Ober- und Finanzbürgermeister Boris Palmer zuvor gewarnt: „Es gibt wichtigere Verwendungen für das Geld.“
Die unterschiedlichen Positionen machten Martin Sökler (SPD) und Dietmar Schöning (FDP) besonders deutlich. Sökler sagte, die Brücke sei Teil des Gesamtradwegenetzes, und Fußgänger hätten bessere Alternativen, etwa über die Schellingstraße und den Bahnhof. Zudem wolle er städtebaulich ein „filigranes Bauwerk“. Schöning dagegen berichtete von Gesprächen mit Bürgern: „Die Leute sagen uns: ,Habt ihr einen an der Waffel, eine Brücke zu planen, über die man mit Kinderwagen oder Rollstuhl nicht darf?‘“
Schon länger vom Tisch ist der erste Verwaltungsentwurf mit einer Abfahrt der Radbrücke an der Kreuzung Uhlandstraße/Derendinger Allee. Nachteil: Der Radverkehr wäre durch den Anlagenpark zur Radgarage beim neuen Europaplatz oder an den Schulen vorbei in der Uhlandstraße gefahren. Beschlossen wurde nun eine ovale Spirale im südwestlichen Eck des Anlagenparks (siehe Grafik), dort, wo das Kleinspielfeld ist. Dieses wird nun zwar verkleinert, aber erhalten. Darauf hatten die Schulen Wert gelegt, so Baubürgermeister Cord Soehlke, und der Jugendgemeinderat, so dessen Vertreter Nikodim Brickwell. Soehlke verwies auch darauf, dass in der Jahnallee 2020 zwei Soccer Courts (Kleinfußballplätze) gebaut werden.
Außerdem wird die Wilhelm-Keil-Straße zwischen dem Brückenanschluss und der Kreuzung mit der Mühlbachäckerstraße (beim Sparkassen Carré) als bevorrechtigte Fahrradstraße ausgewiesen. Das ist Teil drei des Beschlusses.
Die Brücke kostet 5,1 Millionen Euro. Der Bund zahlt mit 3 Millionen Euro den Großteil. Die Stadt hat 2,1 Millionen Euro zu tragen.
Palmers Versprechen
War es ein taktisches Manöver von Oberbürgermeister Boris Palmer, um die reine Radbrücke im Gemeinderat durchzubekommen, oder war es die Ankündigung einer Verwaltungspraxis? Palmer sagte: „In 100 Jahren kontrollieren hier keine städtischen Bediensteten.“ Man werde Fußgänger auf der Radbrücke tolerieren. Bei Unfällen sei wie immer der Verursacher schuld. Der OB sagte aber auch: „Es gibt bessere Fußwege als die Radbrücke.“