Brava

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In dem katalanischen Spielfilm wird eine Bankerin mitten in Barcelona Zeugin einer Vergewaltigung.

06.12.2017

Von Dorothee Hermann

Brava
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Die unheimliche Leere einer U-Bahn-Station mitten in einer belebten Großstadt, wenn im entscheidenden Moment einfach niemand vorbeikommt, wird fast greifbar, als Janine (Laia Marull) Zeugin einer Vergewaltigung wird. Danach hält sie es in ihrem geordneten Alltag nicht mehr aus.

Janine ist Bankerin mit der Aussicht, den undankbaren Job in der Kreditabteilung demnächst gegen einen deutlich prestigeträchtigeren in China einzutauschen. Vorerst muss sie Leuten, die dringend Geld brauchen, am laufenden Band Absagen erteilen – und zwar beunruhigenderweise nicht nur den üblichen Verdächtigen.

Doch es gibt schon kleine Anzeichen, dass auch ihr Leben auseinanderdriften könnte. Sie möchte nach China, aber ihr Lebensgefährte Martí (Sergio Caballero), ein Werber, hat eben einen Großauftrag in Skandinavien an Land gezogen, der sich nicht von Spanien aus erledigen lässt.

Die katalanische Regisseurin Roser Aguilar interessiert sich offenbar für Menschen, für die es nicht mehr weitergeht, die etwas auseinandertreibt. Die Gründe dafür (gesellschaftlich, wirtschaftlich, individuell oder in den Geschlechterrollen) schimmern subtil in den Figuren durch. Aguilars Debüt „Lo mejor de mi“ (Das Beste in mir) um eine Frau, die ihrem schwerkranken Freund ein Organ spenden will, diese Verantwortung aber auch als belastend erlebt, bekam 2008 den Cine-Latino-Publikumspreis.

Janine wählt einen anderen Weg und flieht. Sie fährt aufs Land zu ihrem Vater (Emilio Gutiérrez Caba als freundlicher Ruheständler Manel), um einen räumlichen Abstand zwischen sich und die peinigende Erinnerung zu legen. Ein neuzugezogener Nachbar schneit herein: Pierre (Bruno Todeschini) war einmal ein Ingenieur im Flugzeugbau in Frankreich. Auch er ist ein Mensch, für den es nicht mehr weiterging. Das abgelegene Anwesen in der katalanischen Region Empordà ist sein Rückzugsort.

Der Film ist das eindrucksvolle Psychogramm einer traumatisierten Frau. Er zeigt, wie sich schleichend oder mit der Abruptheit eines Schocks alles für sie ändert, was zuvor selbstverständlich schien.

Auch visuell starkes Psychogramm einer Frau, die nach einer Erniedrigung lange nicht mehr sie selbst sein kann.

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Erstellt:
06.12.2017, 01:25 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 59sec
zuletzt aktualisiert: 06.12.2017, 01:25 Uhr

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