Rottenburg

Brauchen Bruch

Achim Stricker ging der Frage nach, welche Resilienz-Strategien die Weltliteratur in Krisenzeiten bietet („Fremd im eigenen Land“, 15. Januar).

20.01.2021

Von Emanuel Peter, Rottenburg

Strickers Artikel bedarf der Ergänzung: Jede große Krise wie aktuell Corona erfordert neues Denken. In Boccaccios Decamerone führt der Bruch mit dem alten Denken zu einer neuen Moral. Sie entsteht als Konsens im geselligen Gespräch der Erzählrunde. Die Gesprächsabende leiten drei Männer und sieben Frauen als gewählte Königinnen.

Gestützt auf Diskussionen mit Wissenschaftlern in seiner Freitagsgesellschaft und auf Studien über die Morphologie der Pflanzen gründet Goethe seine Gesellschaftsreform in den „Unterhaltungen“ auf Naturgesetzen vom Gestaltwandel. Sein Ideal einer selbstbestimmten Geselligkeit bricht mit der überholten feudalen Ständeordnung vor der Revolution von 1789.

Heute benötigen wir einen Bruch mit dem überholten Profitdenken des „Immer schneller, immer höher, immer mehr“. Mit seiner Naturzerstörung gefährdet es durch Abholzung der Wälder und durch Flächenfraß unsere Lebensgrundlagen und fördert immer neue und gefährlichere Pandemien. Versiegelung des Galgenfeldes und des Flugfeldes Baisingen, Zementproduktion in Dotternhausen mit Luftverschmutzung durch Müllverbrennung (Holcim) gefährden unsere Lebensqualität und eine nachhaltige Entwicklung im Einklang mit der Natur.