Olympia-Gastgeber unter Verdacht: Dopingtests ausgelassen

Brasilien wie Russland?

Erst Russland, dann Gastgeber Brasilien, jetzt auch noch Kenia. Das Thema Staatsdoping bleibt auch in Rio de Janeiro gegenwärtig.

08.08.2016

Von DPA

Darf nun plötzlich doch starten: Die überführte russische Doperin Julia Jefimowa. Foto: dpa

Darf nun plötzlich doch starten: Die überführte russische Doperin Julia Jefimowa. Foto: dpa

Rio de Janeiro. Verdacht auf Staatsdoping bei Gastgeber Brasilien, Ausschluss für Kenias Top-Funktionär und neue Ungereimtheiten um Russlands Team: Das erste Olympia-Wochenende in Rio stand ganz im Zeichen der Dopingskandale und stellt die Glaubwürdigkeit der 31. Sommerspiele schon in Frage. Während die „Causa Russland“ nur noch für Kopfschütteln sorgte, steuerte der Gastgeber einen handfesten Skandal bei. Im Vorfeld der Spiele soll Brasilien bei „führenden Athleten“ keine Dopingtests mehr vorgenommen haben – und zwar auch auf Druck staatlicher Stellen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada bestätigte den Fall und sprach von „inakzeptablen“ Zuständen, der deutsche Doping-Experte Fritz Sörgel hält Staatsdoping wie in Russland für möglich.

„Das ist ein Skandal. Es ist natürlich wieder mal kennzeichnend. Es zeigt, wie getrickst wird“, sagte Sörgel. „Nach den schlechten Erfahrungen mit Russland muss man fragen: Gibt es in Brasilien auch Staatsdoping? Oder es war eine Chance, sich über etwas längere Zeit zu entdopen, um einen Skandal vor Olympia zu vermeiden“, sagte Sörgel.

Zu einer unerträglichen Hängepartie geriet die Nominierung der russischen Mannschaft. Tagelang hatten Weltverbände, Cas-Experten und die IOC-Kommission geprüft, ob russische Athleten wie Schwimm-Star Julia Jefimowa in Rio starten dürfen. Der Cas kippte die IOC-Regel, die früheren Dopingsündern wie Jefimowa den Rio-Auftritt verwehrte – und machte das Chaos perfekt.

Das IOC äußerte sich dazu nicht. Gleichzeitig tauchten plötzlich am Samstagabend auf den Startlisten die Namen von Jefimowa, Natalia Lotsowa und Daria Ustinowa sowie von den Radrennfahrern Alexej Kurbatow und Olga Zabelinskaja auf. Demnach wuchs die russische Mannschaft auf 277 Athleten an.

Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz konnte die Entscheidung nicht nachvollziehen. „Ich verstehe die Welt nicht mehr. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Sportler, die sauber arbeiten“, sagte Lambertz dem SID zu Jefimowa, die 2013 wegen Dopings 16 Monate gesperrt worden war. Der US-Schwimmstar Kristy Kowal twitterte: „Wollt ihr mich veräppeln, Fina? Ihr habt keinen Mut.“ Jefimowa selbst war zuvor schon in die Offensive gegangen. „Ich starte bei Olympia“, schrieb die Weltmeisterin und Olympia-Dritte von 2012 bei Instagram und räumte alle Zweifel zur Seite. „Ich könnte nicht stolzer und erleichterter sein.“

Derweil wurde der Delegationsleiter der kenianischen Leichtathleten, Michael Rotich, wegen des Verdachts der Doping-Beihilfe von den Spielen in Rio abgezogen. In einem Beitrag der ARD-Dopingredaktion und der Sunday Times bot Rotich vor versteckter Kamera an, den Zeitpunkt von Kontrollen an betroffene Sportler weiterzugeben. Für die Vorwarnungen verlangte er einen Betrag von umgerechnet 15?000 Euro.

„Meiner Ansicht nach ist dies ausreichend, damit Kenia genauso untersucht wird wie Russland“, sagte der frühere Wada-Präsident Richard Pound. IOC-Sprecher Mark Adams hielt am Sonntag dagegen, dass „wohl noch niemand so oft getestet“ worden sei wie Kenias Leichtathleten in den letzten Monaten. Insgesamt seien seit Oktober 848 Doping-Proben entnommen worden, 416 bei Wettkämpfen und 432 bei Trainingskontrollen.

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Erstellt:
08.08.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 27sec
zuletzt aktualisiert: 08.08.2016, 06:00 Uhr

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