Sozialgericht Reutlingen

Brand nach Rauchen ist Arbeitsunfall

Todesfall nach verbotener Zigarette auf der Arbeit: Die Witwe des Mannes erhält trotzdem sowohl Rente als auch Sterbegeld.

17.01.2019

Von ST

Geklagt hat die Witwe eines tödlich verunglückten Arbeitnehmers. Dieser hatte sich im März 2017 vor Arbeitsbeginn eine Zigarette angezündet und wollte den Raucherbereich aufsuchen, da am Arbeitsplatz Rauchen verboten ist. Weil sein Feuerzeug defekt war, brannte es auch nach Schließung des Gasventils weiter. Der Mann warf das brennende Feuerzeug auf den Boden, wo es sofort eine Kunststoff-Folie in Brand setzte.

Beim Versuch die Flammen auszutreten, gerieten Schuhe und Freizeithose des Rauchers in Brand, kurz darauf brannte die Kleidung am ganzen Körper. Erst eine Kollegin konnte die Flammen mit Wasser löschen. Der Verletzte kam mit schwersten Verbrennungen ins Krankenhaus, wo er einen Tag darauf verstarb. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die von der Witwe geltend gemachten Hinterbliebenenleistungen ab, da kein Arbeitsunfall vorliege. Das Rauchen sei der Privatsphäre zuzuordnen, denn es habe nicht dem Unternehmen des Arbeitgebers gedient.

Mit Urteil vom 20. September 2018 hat das Sozialgericht Reutlingen nun entschieden, dass der Klägerin sowohl Witwenrente als auch Sterbegeld in gesetzlicher Höhe von der Berufsgenossenschaft zu gewähren ist. Der Tod des Mannes sei auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen. Zwar sei zutreffend, dass es sich beim Rauchen um eine eigenwirtschaftliche, unversicherte Tätigkeit gehandelt habe und das Rauchen grundsätzlich der Auslöser der tragischen Verkettung unglücklicher Umstände gewesen sei.

Das Gericht nahm aber einen Arbeitsunfall an, da es dem Mann in dem Moment, als er versuchte, den selbst ausgelösten Brand zu löschen, gar nicht mehr ums Rauchen ging, sondern darum, den Betrieb des Arbeitgebers vor weiterem Schaden zu schützen. Damit habe er zum Unfallzeitpunkt wieder eine arbeitsvertragliche (Neben-)Pflicht ausgeübt, die als eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit anzusehen und daher versichert sei.

Dass der Versicherte das Feuer selbst verursacht habe, schließe einen Arbeitsunfall beim Löschen nicht aus. Das Gesetz gehe grundsätzlich auch bei verbotswidrigem Handeln vom Erhalt des Unfallversicherungsschutzes aus. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.